Dass es in Vorarlberg eine Vielzahl an erstklassigen Bands gab und gibt, ist ja kein grosses Geheimnis. Im bislang Verborgenen blüht allerdings seit 2006 eine Band, die es echt massiv in sich hat: SECOND RELATION veröffentlichten 2012 in Eigenregie das beachtliche Album „Abiona“, welches soeben via SPV wiederveröffentlicht wurde! Und während die Band dieser Tage bereits wieder im Studio ist, um den Nachfolger für dieses geile Album einzuspielen, verkürzen wir euch die Wartezeit auf das neue Album mit einem Review des Re-Releases von „Abiona“!
Nun ist dieses coole Album also nahezu weltweit erhältlich und das ist auch gut so, denn die Vorarlberger Jungs haben sich diese Aufmerksamkeit aber auch redlich verdient! Ihr Album „Abiona“ heimste Ende 2012, Anfang 2013 super Kritiken ein und wurde in Insiderkreisen mächtig abgefeiert. SPV machts nun möglich, dass der Band Second Relation auch international Türen und Tore geöffnet werden. Also gut, dann hören wir mal rein: Das Konzeptalbum dieser Progressive Band ist in 3 Chapters geteilt, „Chapter One – Characters“ umfasst die ersten vier Songs. Track 1, „Chance, Aim, Way, Promise“ bietet alles, was ein guter Opener braucht, brachiale Gitarren, gefühlvoller Verse, endgeiler Chorus und eine saubere Gitarrenarbeit! Auch der Sänger kann was und weckt stimmlich Erinnerungen an King Crimson und John Wetton allgemein, jedoch hat er eine ganz eigene Art und Stimmfarbe. Der Mittelteil fährt mit starken Unisono-Teilen ab, erwähnt werden muss dabei, dass die Jungs die Grenzen zwischen Old School Prog und Prog Metal moderner Prägung nahtlos verschwimmen lassen und allesamt ihr Handwerk beherrschen. Keine Frage, hier sind Könner am Werk! Komposition, Arrangement, alles einsame Klasse! Pfuh, wenn das so weitergeht, gehen mir ja die Superlativen aus… OK, Track Nummer 2 hört auf den Namen „Frighthening Silhouettes“ und beginnt im Midtempo und mit lässigen Chören, ehe sich messerscharfe Riffs dazugesellen. Abermals super gesungen, lässig arrangiert und wenn sie diese Wahnsinns-Chor-Arrangements, die auf der CD hauptsächlich der Sänger gesungen hat, auch live anständig rüberbringen, dann ziehe ich jetzt schon meinen Hut! Die Leadgitarren-Attacken nach den ersten Refrains lassen dann auch keine Wünsche offen, vertrackte Beats moderner Prägung grooven sich saugeil weg! Dann Vocals mit viel Hall und noch mehr Gefühl, abermals natürlich auch in kompositorischer Hinsicht eine wahre Freude. Gitarren-Duelle zuhauf, double stop Riffs, Unisono-Parts der schwierigeren Art und immer wieder akustische Überraschungen, ehe sich der Chorus wie ein Wasserfall über das sensationelle Backing ergiesst. Und es geht gleich satt und heavy weiter: „In The Night“ fräst sich durchs verwöhnte Prog-Gehör, abermals Vocals zum Niederknien, und wenn jemand unbedingt Vergleiche braucht, dann könnte man sagen, Second Relation sind eine härtere Ausgabe der Prog-Götter Camel. Dann und wann gehts eher in Richtung Dream Theater, aber ohne deren Hang zum „zerfrickeln“ eines Songs, also Second Relation haben die Arrangements passend zu den Songs gemacht und das tut dem ganzen Songmaterial ausserordentlich gut! Auch hier ein astreines Gitarrensolo, satte Chöre und eine sehr tighte Band. Track Nummer 4 – „Velvet And Silk“ – beginnt ruhig, mit Akustikgitarren und abermals sensationell arrangierten Chören. Ein massives Riff zerschneidet den Song zwar anfangs recht brutal, doch durch die Steigerung macht das durchaus Sinn, hier hört man vor allem im Instrumentalteil die „alten“ Genesis durch, aber auch ein wenig Rush und abermals Gitarrenarbeit vom Allerfeinsten! Die Riffs werden immer heftiger und die Leadgitarre dafür umso melodiöser, also genialer gehts fast nimmer. Die Vocals werden etwas nervöser, sind kanon-artig gesungen, – und alles löst sich toll auf, Geräusche, Piano, jazziger Gesang… ganz fein!
„Chapter Two – The Bar“ besteht aus zwei Songs: „Motherlight“ beginnt mit einer endgeilen Demonstration der instrumentalen Fähigkeiten der Band, die hier einmal mehr wie eine Mischung aus King Crimson, Traffic und Camel klingen und das ist fraglos als Mega-Kompliment gemeint! In irgendeinem Review hab ich gelesen, dass Second Relation „skandinavische Metal-Einflüsse“ haben, – so ein Schas! – da stehen diese Jungs locker drüber und spielen ihre skandinavischen Kollegen locker in Grund und Boden! Diese Band hat es viel mehr geschafft, traditionellen Prog-Rock in die Neuzeit herüber zu retten und nimmt das „best of both worlds“ und kocht ihr eigenes leckeres Süppchen. Und sie kupfern mit Sicherheit nix ab, denn sie werden diese sauguten alten Bands vermutlich gar nicht mehr kennen. Sie halten sich eher an Fair Warning, Arena, Threshold & Co. an, oder wie gesagt Dream Theater – ohne deren Hang zum Überladen der Songs. Und dann „Impulse Against Seperation“, mit 9:09 Minuten der längste Song des Albums und gleich auch ein Meisterwerk hinsichtlich Komposition und Arrangement und eigentlich der erste Titel, wo auch mal der Keyboarder etwas im Vordergrund steht. Also nicht, dass dieser schlecht spielen würde, denn banddienlich ist sein Zeug allemal, aber hier gibts wunderschöne Piano-Kaskaden und röhrende Hammond-Sounds! Klar, die beiden Gitarristen sorgen schon dafür, dass es nicht zuwenig an Gitarren gibt und bieten gerade auf diesem genialen Song alles zwischen jazzig angehauchten Licks und brachialen Riffs. Dieser Song hier hat aufgrund seiner Strukturen und Sounds sehr viel der älteren Yes, also Prog-Kunst der allerersten Güte! Saugeil der Instrumentalteil im letzten Drittel, wo satte, sphärische Keyboardsounds auf vertracktes Riffing treffen, ehe das Finale mit Double Bass Drums eingetrommelt wird. Die Leadvocals sind hierauf auch wieder ein Hammer, man hätte aber auch nix anderes erwartet.
„Chapter Three – Friends And Success“ wird beim Song „And In The End…“ mit einem saustarken Riff vom Lead-Synth (!) eingeleitet, fette Gitarren brettern ab wie nur was, dann ein Breakdown, gefühlvolle Vocals, fettes Riffing und Steigerung des Tempos beim Chorus und selbstredend wieder allererste Güte hinsichtlich Komposition und Arrangement. An dieser Stelle muss man SPV danken, dass sie dieses Mega-Album wiederveröffentlichten, denn da gibts wesentlich bekanntere Prog-Acts, die wesentlich schlechtere Alben veröffentlichten! Umso erfreulicher ist es, dass dieses Juwel wieder zu haben ist und endlich einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird! Es geht weiter mit dem vorletzten Song „…All Of Us Will Be Identical“, wo ein lässiges Riff auf coole Vocals trifft, der Song steigert sich sehr cool und hat was hymnenhaftes! Schräge Breaks in der Mitte, ehe wieder der göttliche Chorus über allem thront. Und ja, hier hört man HIM und Rasmus raus, aber auch nur wenn man unbedingt möchte. Ich möchte nicht, denn Second Relation sind einfach um Klassen besser. Und das beweisen sie auch mit dem letzten Song „Window“ nochmals eindrücklich, – ein Song der ein wenig nach Asia, klingt, also John Wetton… diese Parallelen sind da, doch ist der Song insgesamt härter und die Twin-Lead-Guitars sind auch eigenständig und geil sowieso. Dann der coole Mittelteil, der einmal mehr der Band ein ausgezeichnetes Zeugnis ausstellt und mit lässigen Parts aufwartet, hier ist Gefühl angesagt, ehe dann zum Finale alle auf die Zwölf dreschen, was der Kasten hergibt! Yeah! This fuckin‘ rocks!
Bist du deppat! So eine lässige CD hab ich schon lang nimmer gehört! Hier stimmt einfach alles, das Songwriting ist sehr kompetent und ausgefeilt, Sänger Bastian B. Berchtold singt genial und spielt lässig Bass (…wie Wetton 🙂 ), Daniel Fleps steuert amtliche Keyboards bei und singt Background Vocals. Die saugeilen Drums, die echt abgefahren gut und sehr versiert gespielt sind, stammen von Michael Simic und die beiden vielsaitigen Gitarristen Simon Gstöhl und Julian Nachbauer sind absolute Weltklasse! Zusammen sind sie Second Relation, was sie aber hier auf „Abiona“ ablieferten, ist first class! Hut ab, eine derart profunde und interessant musizierende Prog-Band hab ich schon lange nicht mehr gehört! Da kommt richtig Freude auf, wenn man daran denkt, dass die Jungs gerade am Nachfolger dieses Albums basteln! OK, die Latte liegt hoch, sehr hoch sogar, aber diese Latte haben sie sich selbst so hoch gelegt. Und ich bin überzeugt, sie werden uns wieder einen Prog-Meilenstein abliefern! Fuckin‘ well done!
Rating: 9,5 von 10 Punkten! Unbedingte Kaufempfehlung!
Review by TOM PROLL