Interview Max von Milland zur brandneuen Single „HOI“: X-ACT nimmt die neue Single „HOI“ und die anstehenden Konzerttermine zum Anlass und bittet Max von Milland zum Interview. Pünktlich meldet sich ein sichtlich gut gelaunter Sänger am Telefon.
X-ACT: Hallo Max. Danke, dass ich die Gelegenheit bekommen habe, einige Fragen zu stellen. Ziemlich genau vor einem Jahr haben wir im Online Musikmagazin X-ACT dein Album „Eisack“ vorgestellt und im Vorfeld des Sonnenaufgangskonzertes in Seefeld berichtet. Dieses Konzert war einmalig was deine Musik, das Ambiente und die Morgenstimmung anbelangt. Wie hast du das Konzert erlebt?
Max von Milland: „Das war ja letztes Jahr bereits die dritte Ausgabe der Sonnenaufgangskonzerte, allerdings das erste in Seefeld. Es ist jedes Mal ein besonderes Erlebnis. Für die Band, zu so früher Stunde Musik zu machen. Immer wenn man mit Leut früh Morgens auf die Berge geht, schweißt das zusammen. Da gibt es keine Starallüren, die Band mit dem Publikum zusammen, da spürt man ein ganz einmaliges Gefühl.“
X-ACT: Heuer ist eine Wiederholung geplant. Wie wird das Konzert ablaufen? Werden diesmal mehr Zuschauer zugelassen? Die erste Ausgabe des Sonnenaufgangskonzertes war ja ausverkauft.
Max von Milland: „Letztes Jahr waren wir zum ersten Mal in Seefeld. Die Bergbahnen öffnen um fünf Uhr in der Früh. Bis sechs Uhr dreißig müssen dann aber alle Zuschauer am Berg sein. Damit haben wir ein sehr enges Zeitfenster, weil wir ja auch nicht gewusst haben, wie lange es dauert das Publikum von der Bergstation zur Location zu bringen. Aus diesem Grund haben wir die Zuschauerzahl mit 350 begrenzt. Heuer haben wir bereits im Vorverkauf über dreihundert Karten abgesetzt, insgesamt werden es ca. sechshundert Zuschauer werden. Die Herausforderung ist sicherlich, dass wir allen Zuschauern die Möglichkeit geben, pünktlich von der Talstation zum Konzert zu gelangen. Durch diese Rahmenbedingungen sind wir in der Anzahl der Zuschauer sicherlich etwas limitiert. Das Gelände an sich würde viel mehr Zuschauer zulassen.“
X-ACT: Du stammst aus Brixen in Südtirol und singst im Dialekt. Gelebt hast du allerdings acht Jahre in Berlin und jetzt in München. Wie hat sich das auf deine Songs ausgewirkt, oder hätte es deine Songs ohne Berlin und München gar nicht gegeben?
Max von Milland: „Letzteres. Durch das Weggehen von Südtirol hat sich alles erst ermöglicht. Mir ist bewusst geworden, was mich ausmacht und wer ich bin. In Berlin ist vieles entstanden. In München fühlt man sich als Südtiroler total wohl. Die Bayern sprechen einen ähnlichen Dialekt, haben auch einen ähnlichen kulturellen Background. Dieses Umfeld inspiriert mich zu neuen Songs und zu neuen Ideen.“
X-ACT: Nach der Veröffentlichung deines letzten Albums, hast du den Song „Wenn i kannt (I tat’s da sagn)“ noch einmal herausgebracht. Diesmal im Duett mit Ina Regen, mit der du den Song geschrieben hast. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?
Max von Milland: „Ich bin schon seit langem ein Fan von Ina und habe ihre Karriere verfolgt. Die Dialektszene ist ja relativ überschaubar. Es gibt immer wieder Berührungspunkte, wo man sich kennen lernt. Mit Ina bin ich dann über meinen Manager, Willy Ehmann gekommen. Ich habe sie dann gefragt, ob sie mit mir einen Song schreiben will. Ich bin nach Wien gefahren, das war gerade die Zeit, kurz vor ich Papa geworden bin und da haben wir dann über das Thema ein Lied geschrieben.“
X-ACT: Das war ja nicht deine erste Zusammenarbeit mit anderen Künstlern – „Über’n Berg“ hast du ja auch mit LaBrass Banda aufgenommen. Sind für die kommende EP weitere Kooperationen geplant?
Max von Milland: „Prinzipiell ist es immer inspirierend, als Künstler eine andere Sicht auf die eigenen Lieder zu bekommen. Und die bekommt man in dem Moment, wenn zum Beispiel LaBrass Banda ihre tollen Bläsersätze drauf zu spielen, den Song noch einmal in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt. Die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern ist oft befruchtend, es entsteht oft etwas komplett Neues. Es bringt mich als Künstler weiter, wenn ich die Möglichkeit habe, mit anderen Künstlern zusammen zu arbeiten. Bei der EP, die demnächst erscheinen wird, bin ich zu mir selbst zurückgekehrt. Bei den letzten beiden Alben habe ich teilweise Songs mit anderen Musikern geschrieben. Jetzt habe ich wieder einen neuen Zugang zu meiner eigenen Kreativität gefunden und wieder mehr Selbstvertrauen bekommen, mit dem Wissen, das ich aus der Zusammenarbeit mit anderen Künstlern gewonnen habe. Ich habe mich weiter entwickelt und hatte Lust, ganz alleine Songs zu schreiben und zu schauen, was dabei herauskommt. Das sind wieder 100 % Max von Milland Songs.“
X-ACT: Im Vorfeld deiner neuen Single „Hoi“ war in den Medien zu lesen, dass du dich vor dem Schreiben deiner neuen Songs in einen klostergleichen Rückzug begeben hast. Was ist daran wahr?
Max von Milland: „Klostergleicher Rückzug ist ein großes Wort. Aber sagt dir Rick Rubin etwas? Er hat von Johnny Cash die „American Recordings“ – Serie produziert. Rick Rubin hat erst kürzlich ein Buch veröffentlicht, in dem es um die eigene Kreativität geht. Bei vielen Künstlern ist es ja so, dass das Songwriting oft auch mit Selbstzweifeln einhergeht. Alles wird in Frage gestellt, sind die Songs auch gut genug und so weiter. Dieses Buch hat mir die Augen geöffnet. Ich habe erstmals alles zugelassen, vieles gemacht und dann habe ich mich entschieden, welche meiner Ideen spricht mich am meisten an. Ich habe früher schon oft das Problem gehabt, dass ich bereits während des Schreibens zu selbstkritisch war. Aus diesem Prozess sind dreißig Demos entstanden. Das war bei mir noch nie der Fall. Bis jetzt habe ich immer so viele Lieder geschrieben, wie ich dann veröffentlichen wollte. Jetzt hatte ich einen Pool an Songs, wo ich auswählen konnte. Natürlich waren da jetzt bessere und auch schlechtere Songs dabei. Aber ich habe erstmals den kreativen Fluss zugelassen. Das war für mich eine total neue Herangehensweise. So eine Nummer wie „Hoi“ beispielsweise, hat auch eine gewisse Punkattitüde und Rotzigkeit. Ich bin ein alter Punker, da war mir klar, dass das auch einmal ein bisschen durchscheinen muss. Diese Seite habe ich bis jetzt immer eher unterdrückt.“
X-ACT: Das heißt, dass deine Schwester in der Dokumentation „Nia bin i der“ recht hatte, als sie gesagt hat, du bist ein Perfektionist und stehst dir damit des öfteren im Weg.
Max von Milland: „Ganz genau. Freut mich, dass du dir diese Doku angeschaut hast. Da hat sie ganz recht. Aber es ist ein sehr schmaler Grad. Den eigenen Ansprüchen gerecht werden, dann aber doch im richtigen Moment loslassen und sagen, jetzt verkopfen wir uns nicht, sondern lassen das einfach laufen. Bei den neuen Liedern hat sich das einfach richtig angefühlt.“
X-ACT: Noch einmal zum Songwriting selbst. In der Doku hast du gesagt, du musst dich zurück ziehen an einen Platz, wo du dich wohl fühlst. Wenn dir jetzt im Alltag Ideen kommen, hältst du da ein Diktiergerät oder dein Handy immer bereit?
Max von Milland: „Genau so ist „Hoi“ entstanden. Ich war in München unterwegs und da ist mir aufgefallen, dass die „Nicht-Südtiroler“ geschmunzelt haben, wenn ich das Wort Hoi verwendet habe. Es drückt doch eine gewisse Regionalität aus. Ich habe dann gleich meine Gedanken auf mein Handy gesprochen und das Lied war dann in zehn Minuten fertig.“
X-ACT: Reflektiert dein neuer Song „Hoi“ dein Pendeln zwischen Großstädten und der Natur in Deiner Heimat?
Max von Milland: „Ja, das wollte ich damit ausdrücken. Bei uns heißt es eben „Hoi“, bei anderen Salut oder Ciao. Diese Unterschiede machen uns ja auch aus, wer wir sind und woher wir kommen. Mein Südtiroler Dialekt, das bin ich. Manche haben gesagt, sing doch auf hochdeutsch, dann hast du mehr Erfolg, aber das sind meine Wurzeln und das fühlt sich für mich richtig an. Es ist schwierig Gefühle in Worte zu verpacken und tu ich mir in meiner Muttersprache am leichtesten.“
X-ACT: Im August soll ja „Hoi“ mit weiteren Songs als EP erscheinen. Du hast gesagt, du hast einen Pool von ca. dreißig Liedern zur Verfügung gehabt. Gab es da keine Überlegungen, ein Album zu veröffentlichen?
Max von Milland: „Es ergab sich vom Produktionsprozess. Wir haben uns entschlossen, vorerst fünf Songs als EP im Stream zu veröffentlichen. Es ist schon ein neuer Stil und da möchten wir schauen, wie diese neuen Songs beim Publikum ankommen.“
X-ACT: Wie würdest du die neuen Lieder im Vergleich zu den Songs vom Debütalbum und zu „Eisack“ einordnen?
Max von Milland: „Die neuen Lieder sind auf alle Fälle viel selbstbewusster. Die Songs vom Album „Eisack“ waren mehr introvertiert und auch eher gemütlich. Die neuen Songs sind da ein bisschen aufgeweckter. Als nächstes erscheint mit „Tanz“ ein Titel, den es in der Form von Max von Milland auch noch nicht gegeben hat, so wie der Titel sagt, ein tanzbares Lied. Mit den neuen Songs habe ich auch verschiedene Facetten ausprobiert, die Songs gehen musikalisch in eine eigene Richtung, aber durch mich sind das halt immer noch Max von Milland-Nummern.“
X-ACT: Wird die neue EP auch in physischer Form erscheinen?
Max von Milland: „Nein, leider. Vorerst gibt es die Songs nur zum Streamen oder als Download.“
X-ACT: Seit Deinem Debütalbum sind mittlerweile auch bereits mehr als zehn Jahre vergangen. Wie hat sich in dieser Zeit für dich das Musikbusiness und die Konzertlandschaft verändert?
Max von Milland: „In den letzten zwei, drei Jahren hat sich alles komplett verändert. Früher hast du wochenweise auf einen Single-Release hingearbeitet. Heutzutage brauchst du vor dem Erscheinen der Single nicht mit der Promotion starten. Das Publikum möchte, dass die Lieder in dem Moment verfügbar sind, wo sie davon hören. Da hat sich für uns einiges auf den Kopf gestellt. Und was mich schon besorgt, dass Künstler in meiner Größenordnung durch die Streamingplattformen Einkommensmöglichkeiten wegbrechen. Die Auszahlungen von Spotify und Co an die Künstler stehen in keiner fairen Relation. Hinzu kommt noch, dass bei den Konzerten kein Veranstalter mehr bereit ist, ein Risiko einzugehen, oder Künstler zu fördern. Früher hat es noch Garantiegagen gegeben. Damit konnte ich kalkulieren, die Band bezahlen und den Tourbus bezahlen, – aber diese Garantiebeträge gibt es heute kaum noch. Das Risiko wird da auf den Künstler übergewälzt.
Der Druck ist sowohl auf der Streamingseite und auch betreffend das Touren ist sehr hoch geworden. Für regionale Künstler in einer bestimmten Größe wird es leider immer schwieriger.“
X-ACT: In den letzten Jahren bist du ja immer wieder als Support von englischsprachigen Acts wie A-Ha oder Vonda Shepard aufgetreten. Wie hat da das Publikum auf deine Dialektmusik reagiert?
Max von Milland: „Das Publikum war begeistert. Die Frage ist nur, wie schaffst du es, dieses Publikum dann in deine eigenen Konzerte zu holen Abgesehen davon waren diese Tourneen total lehrreich. In der Band von Vonda Shepard spielte der Drummer von Lindsey Buckingham. Der Gitarrist war jahrelang in der Tourband von Tina Turner. Da haben wir natürlich viel gelernt von deren Auftreten und Bühnenpräsenz. Vor allem haben mir die vielen Auftritte zu mehr Selbstvertrauen und zu mehr Routine auf der Bühne verholfen. Mit dieser Routine bin ich nicht mehr so aufgeregt und kann die Shows viel mehr genießen.“
X-ACT: Mit „Hoamkemmen“ hast du ja auch ein Buch veröffentlicht, in dem du deine Roadpoints in Südtirol vorstellst. Inwieweit hat dir der Aufenthalt im Ausland geholfen, einen genaueren Blick auf deine Heimat zu bekommen?
Max von Milland: „Da hast Du recht. Durch das Schreiben an diesem Buch habe ich viele interessante Orte in meiner Heimat kennengelernt. Die Idee von dem Buch war sicher auch, meinen Blick auf meine Heimat zu zeigen.“
X-ACT: Danke für dieses nette und interessante Gespräch. Ich freue mich schon auf Deine Konzerte, wo wir uns sicher sehen werden.
In diesem Sinne – unterstützt die regionalen Bands und Künstler wie Max von Milland – besucht die Konzerte (Termine siehe unten), besucht deren Homepages und kauft direkt bei den Künstlern!
Interview & Event-Tipps by MICHAEL STECHER
Photos: Philipp Silbernagel
Tourdaten:
- 14. Juli, Passau, Deutschland
- 18. Juli, Bridge Beat Festival 2024 – Innsbruck, Österreich
- 28. Juli, Alpin FM Festltour – Ruhpolding, Deutschland
- 24. August, Sonnenaufgangskonzert – Seefeld, Österreich
- 30. August, Bad Fellnbacher Almrausch – Brannenburg, Deutschland
Weitere Infos über Max von Milland: www.maxvonmilland.com
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