Um gleich mal für alle Musikkundigen sämtliche Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, hier geht’s nicht um die Berliner Punkband Oxymoron, die von 1989 bis 2007 mal mehr, mal weniger existierte, aber immerhin 9 erfolgreiche Alben veröffentlichte, sondern um die relativ neue Band gleichen Namens aus Oberösterreich, die 2021 ihr Debüt-Album launchte und nunmehr ein neues, saugeiles Album veröffentlichte! Oxymoron aus Österreich spielen ja aber auch keinen Punk, sondern sind irgendwo zwischen Melodic-Rock, Prog-Rock und Psychedelic-Rock einzuordnen, die Protagonisten lieben hörbar Pink Floyd, Marillion und ähnliche Bands und veröffentlichten bisher nur Konzept-Alben. Also Unterschiede zuhauf! Aber alles schön der Reihe nach.
Das Debut-Album „ODYSSEY“
Fünf Jahre lang arbeiteten die Musiker der aus Freistadt in Oberösterreich stammenden Band Oxymoron an ihrem Debut-Album „Odyssey“, welches dann im Jänner 2021 als Doppel-Vinyl-LP und CD erschienen ist. Die Band um den Freistädter Musiker, Multiinstrumentalisten, Komponisten und Texter Christoph Wolf und seinem Co-Produzenten Mario Puncec, der auch Gesang und Bass beisteuerte, hat sich für das Konzept-Debut-Album „Odyssey“ die Leitfiguren der griechischen Mythologie und deren Geschichten rund um Helden, Zauberer und Bestien hergenommen und das ganze in progressive Rocknummern gesteckt, die zweifellos stark in den 70ern bei Bands wie Pink Floyd, Jethro Tull, Gentle Giant u.a. verwurzelt sind, jedoch auch modernere Anleihen wie z.B. Marillion oder Steve Wilson verschmelzen. Herausgekommen ist ein lässiges Album, welches zeitlos den „Test of time“ bestehen wird. Das Intro „Way Home – The War Is Over“ (04:05) ist ein mit special effetcs, spoken words und Soundscapes überraschendes Stück Musik, welches gleich mal Appetit auf mehr macht! Und der wird bei den folgenden 8 Stücken fraglos erfüllt. Im Uptempo geht’s weiter mit dem zweiten Track „Kikones – The Mighty Warriors“ (06:50) den Puncec wieder singt und hörenswerte Basslines beisteuert. Es röhren Vintage-Synthies und verfremdete Orgeln, dazu steuert Freddy Atlantis geile Sax-Parts bei. Ein cooles Gitarrensolo von Christoph Wolf, ehe ein lässiges Drum-Solo (programmiert) den Weg für Bass und einmal mehr Saxophon ebnet. Absolut lässige Nummer, die fast 7 Minuten dauert. Mit „Letophagues – The Lotus Eaters“ (06:41) wandelt man über sechseinhalb Minuten auf jazzrockigen Pfaden und space-rockigen Zwischenparts, die an Hawkwind erinnern. Geiles Sax-Solo zum Finale! Dann folgt mit „Polyphemus – The One Eyed Giant“ (09:39) ein sphärisch beginnendes Stück, das mystisch weitergeht, ehe es wieder Fahrt aufnimmt und so ziemlich alles zu bieten hat, was Syd Barrett zu Pink Floyd’s Anfangszeiten so anzustellen wusste, – Space-Gitarrensolo inklusive! Tanja Pichler liefert hier superbe Leadvocals und Mario Puncec fungiert als Narrator und Co-Sänger. Freddy Atlantis spielt hier fetzige Bläsersätze und Wolf soliert drüber! Geil!
„Circe -Faithful Witch“ (06:46) ist dann ein melodiöser und langsamerer Track, der Tanja Pichler viel Freiraum gibt, ihre feine Stimme gekonnt in Szene zu setzen. Ein cooles Gitarren-Solo mit reichlich spacigen Effekten, ehe die Band wieder in den sphärischen Part zurückfällt, der auch schon den Anfang beherrschte. Dann kommt mit „Sirenes – Vocal Lure“ (09:09) ein floydiger Titel, der mit erdigen Vocals und einem wunderschönen Gitarrensolo zu verzücken weiss, ehe das Tempo merklich anzieht, die Gitarren riffig rocken und ein lässiges Keyboardsolo untermalen, ehe ein steiles Gitarrensolo alles zubetoniert und danach das Saxophon brettert, als gäbe es kein Morgen! Grandios! Gegen Ende fällt der Song tempomässig wieder ins Anfangstempo zurück und gefällt mit sphärischen Soundfetzen. Das nächste Stück „Scylla & Charybdis – The Earie Twins“ (06:24) ist ein lyrischer Psychedelic-Track mit einem wunderschönen Instrumentalpart und melodiösen Gitarren, welche leicht an die grandiosen Camel erinnern. Das Ende der Nummer ist sphärisches Keyboardzeugs, welches auch Vangelis immer wieder verwendete. „Calypso – Nymph & Mistress“ (10:36) beginnt verhalten, bis dann rockige Gitarren saftig anziehen, aber das wechselt immer hin und her. Gefühlvoll melodiös bei den Gesangsparts und merklich schneller und härter bei den Solo-Parts, als wir da wieder Saxophon und Leadgitarre hätten, im bewährten Kontext. Das feine Moog-Synthie-Solo steuerte Reinhard Fitzinger bei und Klaus Fitzinger lieferte zusätzliche Gitarren. Gegen Ende wird es wieder jazzrockig. Ein allemal hochinteressanter Track mit vielen Wendungen. Wir kommen ins Finale: „Penelope – Coming Home“ (12:18) ist das furiose Finale und zugleich der mit Abstand längste Track. Es beginnt fanfarenartig, ehe effektvolle Keyboards und dann riffige Gitarren dominieren. Die Leadvocals einmal mehr von Mario Puncec und in der Mitte des Songs dann Flanger-Drums wie einst Iron Butterfly! Ein herrliches Moog-Solo und einmal mehr Leadgitarren wie von Syd Barrett… Dann nimmt der Song eine melodiöse Wandlung vor, Bianca Altreiter steuert die Leadvocals und Querflötenklänge bei, – herrlich! Im Finale singen dann Puncec und Altreiter im Duett. Sensationell! Hier hätte ich mir – gerade auch weil es die letzte Nummer ist – einen bombastischen Schluss erwartet, doch man hat sich für ein billiges fade out entschieden… das einzige Manko dieser grandiosen CD! Wenn man auf die genannten Bands steht, 70er Space-Rock und Prog-Rock mag, dann ist das Album ein Hammer! Es ist prallvoll mit spritzigen Ideen und superlässigen Arrangements und fesselt vom ersten bis zum letzten Ton! Unbedingte Kaufempfehlung!!!
Das brandneue Album „MONOPOLY“
Das neue Album der oberösterreichischen Progrock-Band Oxymoron dreht sich um Stationen des beliebten und weltweit bekannten Brettspiels „Monopoly“ bzw. deren Entsprechung im realen Leben. Zu Beginn stehen alle Spieler gleichzeitig, gleichwertig und gleichberechtigt am Start („Faites Vos Jeux“), doch schon bald müssen sie erkennen, dass die einen gleich mit hohen Würfelzahlen die anderen weit hinter sich lassen („Roll The Dice“). Immer mehr Ungereimtheiten birgt das System: die Reichen kaufen in der „Regent Street“, die anderen benötigen Sozialhilfe („Community Chest“), einigen kommt die Glücksfee zu Hilfe („Chance“) und andere landen im Gefängnis bzw. Burnout („Go To Jail“). Wer 4 Häuser erwirtschaftet hat, baut auch gleich ein „Grand Hotel“ und bald gibt es nur mehr Verlierer, bis auf einen („All He Had“). Das bittere Ende zum Schluss, das Spiel ist aus, wenn alles einem gehört („The Great Reset“)…
Nach 3 Jahren Studioarbeit der Stammformation um Christoph Wolf und Mario Puncec und unter Mitwirkung von namhaften österreichischen und internationalen Musikern wie Bernard Welz (Drums), Robby Musenbichler (Guitar), Helmut Bibl (Guitar), Frank Pané (Guitar) und anderen, ist das Album nun auf CD erschienen.
„Monopoly“ beginnt mit „Faites Vos Jeux“ (05:39), einem schönen und melodiösen Song im Midtempo, Freddy Atlantis steuert ein Sax-Solo bei, ehe Christoph Wolf ein Gitarrensolo spielt, danach ein Keyboardsolo und dann der Verse. Das Spiel ist eröffnet. Das ungeheuer feinfühlig gespielte Gitarren-Haupt-Solo steuerte der Wiener Ausnahme-Gitarrist Helmut Bibl (Falco, Supermax, Hallucination Company, Andy Baum…) bei. Alle Achtung, „Monopoly“ beginnt ja schon vielversprechend und ich bin schon gesannt, wie es weitergeht. Und es geht weiter mit „Roll The Dice“ (07:07), welches floydig beginnt und deep-purple-ig weitergeht. Die Leadvocals steuert Bianca Altreiter bei, die groomy Vocals kommen von Mario Puncec. Dann ein Duett der beiden Leadsänger, ehe Wolf seine Gitarre erklingen lässt. Das grande Finale bestreitet die Leadgitarre und man hat einmal mehr einen geil durcharrangierten Song gehört. „Regent Street“ (09:00) beginnt floydig, tolles Intro-Solo, dann ein starkes Riff und dann einmal mehr Puncec souverän als Leadvocalist. Das lange Hauptsolo am Schluss stammt von Robby Musenbichler (Rainhard Fendrich, Tokyo u.v.a.m.), der hier nix anbrennen lässt und eines einer edlen Soli brettert, dass es eine wahre Freude ist! Es geht weiter mit Track Nr. 4: „Chance“ (06:59), ein etwas straighterer Song im Uptempo (OK, mit dem sphärischen Intro und diversen Tempiwechsel…) und mit herrlichen Leadvocals von Puncec und Gastsänger Walter Stuefer (No Bros, etc. …). Dieses Vocal-Battle ist absolut hörenswert und hat es echt in sich! Klasser Song aber auch! Weiter geht es mit „Go To Jail“ (07:11), einem epischen Track, saftig progig und interessant aufgebaut. Die Protagonisten beweisen ein gutes Händchen für vielseitiges Songwriting. Ein gutes Händchen bei der Auswahl des Gastgitarristen haben sie ebenfalls bewiesen: der international gefragte Ausnahmegitarrist Frank Pané (Bonfire, Sainted Sinners, Dark Blue Inc. u.v.a.m.) spielt sich hier fast die Seele aus dem Leib und zeigt virtuos, was man aus einer Gitarre herausholen kann. Wenn man kann. Frank kann! Und wie!
„Community Chest“ (09:56) kommt dann ziemlich slow und sehr melodiös daher, Bianca Altreiter und Mario Puncec singen ein mitreissendes Duett und überhaupt ist diese Hymne eines der Herzstücke dieses wunderbaren Albums! Ein wunderschönes Gitarrensolo, welches einmal mehr an die grandiosen Camel bzw. deren Gitarristen Andy Latimer erinnert und von Bandleader Christoph Wolf persönlich gespielt wird, ist das Sahnehäubchen auf diesem mächtigen Song. Bianca beweist dann noch gegen Ende, dass sie extrem hoch singen kann. Toller Song aber auch! Dann kommt „Grand Hotel“ (05:50), ein etwas heavier angelegter Song mit zornigen Vocals und mächtigen Riffs. Die Rhythm Section stampft unaufhaltsam und gnadenlos durch den Song und das absolut hörenswerte Saxophon-Solo stammt von Bernhard Meisinger. „All He Had“ (06:31) ist der vorletzte Titel und eine gekonnte Mischung aus Marillion und Deep Purple! Das Gitarren-Solo stammt einmal mehr von Robby Musenbichler, der fraglos spielen kann und diesen Song mega veredelt! Wir gehen in die Zielgerade und hören mit „The Great Reset“ (08:14) einen Song, der irgendwie als Aufschrei und irgendwie als Protest-Song durchgeht. Der Song ist auch dementsprechend rotzig frech und zornig gleichermassen arrangiert. Nach einem mächtigen Drumbreak, wunderbaren Keyboards und einem herrlichen Moog-Solo greift dann der unpackbare Gitarrist Kaitner Z. Doka (Jon Lord, etc…) in die Saiten und spielt ein hinreissendes Solo! Wow, was für ein Finale, was für ein Song!
Grundsätzlich ist der einzigartige Prog-Sound, den sie beim ersten Album kreierten immer noch der selbe, allerdings ist „Monopoly“ wesentlich besser produziert, der Sound ist um eine satte Zacke moderner, ohne aber den Vintage-Reiz des Debut-Albums verloren zu haben und die Hinzunahme von derart renommierten Gastmusikern hebt das neue Album fraglos auf ein neues, höheres Level! Man sollte sich als Melodic-Rock-, Prog-Rock- und Psyhedelic-Rock-Fan beide CDs in seine Sammlung stellen und wenn Oxymoron mal eines ihrer raren Konzerte spielen sollten, dann unbedingt hingehen! Man wird begeistert sein! Und eine tolle Gelegenheit gibt’s gleich hier:
Das Konzert: OXYMORON live am 12. Mai 2023 in Linz, im Posthof
Beginn: 20:00 Uhr, Support: MISSES DOE (Ex-Cariot)
Die Stammbesetzung wird an diesem Tag von Hans Coli (Voc., Akustik-Gitarre), Lisa Eder (Voc.), Marco Gatty (Leadguitar) und Bernhard Meisinger (Saxophone) unterstützt, um die epischen Soundmonumente der Alben so nahe als möglich zu zelebrieren! das Konzert wird ein Hammer, soviel steht schon jetzt fest! Also sichert euch rasch Tickets unter www.oxymoron.rocks oder ticket.posthof.at !!!
CD-Reviews & Event-Tipp by TOM PROLL
OXYMORON bei den Proben: