Gerhard Egger & die Mostrocker – „Regenbogenland“
X-ACT: Seit deinem letzten Album „Gerhard Eggers Lonely Mostrock Band“ sind einige Jahre ins Land gezogen. Was für Projekte hast du in den letzten Jahren verfolgt?
Gerhard Egger: „Ich habe endlich das Manuskript meines Romans mit dem Titel „Das Gläserne Tal“ fertiggestellt, mit dem ich bereits vor 15 Jahren begonnen habe. Und dann gibt es da noch meine 4 Enkelsöhne. Details darüber würden aber ein gesondertes Gespräch notwendig machen.“
X-ACT: Wie hat sich in deinen Augen deine Musik von „Hoamatblues“ über „Grenzgänger“ und „SchonZeit“ bis hin zu „Regenbogenland“ entwickelt?
G. Egger: „Mein Songwriting war immer schon stark von den Beatles beeinflusst. Bis auf meine 4 Jahre in einer Coverband habe ich aber immer nur selbst geschriebene Lieder interpretiert. Vor meiner Alpinrockzeit habe ich englisch-sprachige Songs geschrieben (ab 1965) und mit meiner ersten Band Art Boys Collection auch einige Ö3-Hits verzeichnen können. Unser Album „Stoned Wall“ (1972) wurde inzwischen mehrmals neu aufgelegt und hat mittlerweile sogar internationale Beachtung erlangen können.“
„Meine eigentliche Alpinrockzeit hat aber erst mit der Rückbesinnung auf meine volksmusikalischen salzkammergütlerischen Wurzeln begonnen (1978). Wenig später habe ich zusammen mit meinem Gitarristen und Co-Produzenten Gery Moder die Mostrocker gegründet.“
„Hoamatblues“ war dann schon unser drittes Mostrockalbum (1994). Darauf kommen meine beiden Identitäten, die des heimatverbundenen Bergbauern-Sohnes und die des weltoffenen Rockmusikers am besten zur Geltung. „Grenzgänger“ markierte meinen alpinrockmusikalischen Höhepunkt (1997).“
„Als schließlich von der Plattenindustrie das Biotop „Alpenrock“ immer mehr mit Bierzeltmusik überschwemmt wurde, habe ich mich mit dem Lyrikalbum „Schonzeit“ auf meine eigene Insel zurückgezogen. „Gerhard Eggers Lonely Mostrock Band“ und „Regenbogenland“ waren schließlich die logischen Konsequenzen aus dieser geänderten Positionierung.“
X-ACT: Wie bist du auf den Titel „Regenbogenland“ gekommen?
G. Egger: „Der Regenbogen war einst das Symbol der Friedensbewegung der 1960er-Jahre, zu deren Protagonisten auch John Lennon gehört hat. In diese fiktive Welt wollten wir Jugendlichen damals alle auswandern.“
X-ACT: Ich habe gehört, dass es sich bei „Regenbogenland“ um ein Konzeptalbum handelt. Kannst du unseren Lesern mehr darüber erzählen?
G. Egger: „Regenbogenland“ transportiert den ersten Teil eines Soundtracks für ein Musiktheaterstück, in dessen Rahmenhandlung mein fiktives alter ego Harley Hansi per Zeitgeisterbahn zurück ins Jahr 1969 reist, um dort mit Lila Lisa auf die Liebe seines Lebens zu treffen. Der zweite Teil ist bereits in Arbeit und soll in zwei Jahren erscheinen. Erst dann erhoffe ich eine Gesamtaufführung.“
X-ACT: Kannst du unseren Lesern einige Lieder des neuen Albums näher vorstellen?
G. Egger: „Mit „Regenbogenland“ versuche ich den geneigten Hörer auf eine gemeinsame rockmusikalische Reise einzustimmen. „Harley Hansi“ beschreibt meinen einstigen Ausbruch aus der Enge meines heimatlichen Bergtales. „Lila Lisa“ gibt einige Gedanken wieder, die mir durch den Kopf gegangen sind, nachdem ich meine Frau kennen und lieben gelernt habe. „Conny der Clown“ und „Borsalino Stye“ beziehen sich auf die Strandfeste in unserem Summer Of Love. Mit „Du ghörst zu mir“ kehrt die Handlung in die Gegenwart zurück. „I geh mein Weg“ beschließt den ersten Teil und leitet in den zweiten über, der meine Alpinrockzeit zum Thema haben wird. Alle anderen Songs liegen thematisch dazwischen.“
X-ACT: Deine Texte sind sehr tiefgreifend und berührend. Handeln sie auch oft von Geschehnissen in deinem Leben?
G. Egger: „Ja. Authentizität ist eine der ergiebigsten Quellen meiner Kreativität.“
X-ACT: Wie stehst du den neuen sozialen Medien gegenüber? Wie nutzt du diese, um dein neues Album zu promoten?
G. Egger: „Privat nutze ich sie kaum. Da bin ich altmodisch. Der persönliche Kontakt ist mir lieber. Als PR-Tools sind sie aber für uns Künstler unverzichtbar. Leider gehen die Erträge aus dieser unkomplizierten Vermarktungsmöglichkeit nahezu zu 100 Prozent an die internationalen Konzerne, obwohl sie sich mit sage und schreibe 0 Prozent an den Produktionskosten beteiligen. Das aktuelle Streaming ist zwar ein Segen für die Konsumenten, aber ein Fluch für die Produzenten.“
X-ACT: Vinyl ist ja wieder in aller Munde. Gibt es Pläne auch „Regenbogenland“ auf Vinyl zu veröffentlichen?
Gerhard Egger: „Genau das habe ich in zwei Jahren in Form eines Doppel-Albums vor. Die CD wird in den nächsten Jahren völlig aus den Regalen verschwinden. Die Leute werden nur noch streamen. Da wird die Rückkehr der Vinylschallplatte mit angeschlossenem Digitalstick eine Alternative bieten. Echte Leser wollen ja auch lieber ein Buch in Hand halten. Mehr als 10 bis 20 Prozent der Hörer werden dabei aber wohl kaum mehr zu gewinnen sein.“
X-ACT: Wie hat eigentlich deine musikalische Karriere begonnen? Wie wichtig war und ist die Musik in deiner Familie?
G. Egger: „Ich komme aus einer volksmusikalisch geprägten Gehörsmusiker-Familie. Mein Großvater hat einst vor Kaiser Franz Josef gejodelt, meine Mutter hat zusammen mit dem Erstbesteiger der Dachsteinsüdwand Jirg Steiner musiziert und mein Vater hat in meiner Kindheit auf einem Pferdemarkt an Stelle eines weiteren Haflingers einen Flügel ersteigert und sich diesen quasi vom Mund abgespart. Darauf konnte ich dann in unserer Bergbauerstube meine ersten musikalischen Gehversuche unternehmen.“
X-ACT: Inwieweit hat sich in all diesen Jahren die Musikszene für dich gewandelt?
G. Egger: „In meiner Jugend gab es keine Lehrer und kein Notenmaterial für Rock/Pop. Wir haben uns einfach eine Wandergitarre geschnappt und darauf gewartet, bis ein Song in der Radiohitparade vorgestellt wurde. Und weil wir damals auch noch kein Tonband besaßen, mussten wir die uns unbekannten Gitarrenriffs während der Sendung live „herunterhorchen“, was bei einem einmaligen Durchlauf naturgemäß nur selten gelingen konnte. Also hieß es eine Woche warten, bis der Song erneut gespielt wurde.“
„Meine Popmusikgeneration hat sich mit Learning by Doing noch alles selbst beigebracht. Auf diese Weise habe ich ein „musikalisches Ohr“ entwickeln können, das ich auch heute noch meinen angewachsenen musikalischen Fertigkeiten überordne. Gott sei Dank gibt es ja nun zahlreiche hervorragende Musiklehrer mit fundierter handwerklicher Ausbildung. Nicht wenige von ihnen haben auch das Gespür für gute Rock- und Popmusik. Damit ist die Qualität der Darbietungen enorm gestiegen. Nur das Bodenständige, aus dem man Authentisches schöpfen kann, ist inzwischen leider verloren gegangen.“
X-ACT: Wirst du die Songs von „Regenbogenland“ auch live vorstellen?
G. Egger: „Einige davon habe ich bereits auf dem x-mas exztravanza-Konzert 2019 in Bad Ischl mit einer Band voller Austrogrößen zur Aufführung gebracht: Aaron Thier (EAV), Christian Steinkellner (Ina Regen), Thomas Faltin (Luciano), Alexander Meissl (Ernst Molden), Christian Kapun (Hans Söllner), Toni Burger (Konstantin Wecker), Fritz Stingl (Stüngö). Eine Tour mit den Mostrockern wird es wohl erst wieder geben, wenn der zweite Teil des Doppelalbum fertig sein wird. Eventuelle Einzelgigs sind davor zwar möglich, aber nicht explizit geplant. Die Kreativität fordert eben ihren zeitlichen Tribut ein.“
X-ACT: Welchen Hobbies gehst du nach, wenn du nicht gerade Songs oder Liedtexte schreibst?
G. Egger: „Lesen und Sport. Ich war in meiner Jugend begeisterter Wettkampfsportler (Schirennen, Geräteturnen, Basketball), bis ich mich endgültig für die Musik entschieden habe. Was ich aber nach wie vor als Ausgleich pflege, ist eine gepflegte Tennispartie pro Woche, und die Teilnahme an den alljährlich stattfindenen Tennismannschafts-Meisterschaften auf regionaler Ebene. Man sollte nicht glauben, was heutzutage im Seniorenbereich körperlich noch alles möglich ist. Wenn Körper und Geist einigermaßen miteinander harmonieren und es das Schicksal gut mit einem meint, geht also auch mit 70 Jahren noch allerhand weiter. In diesem Sinne: Let’s rock on!“
X-ACT: Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, unsere Fragen zu beantworten. Wir wünschen dir viel Erfolg mit „Regenbogenland“ und vielleicht sehen wir uns ja on the road!
Interview by MICHAEL STECHER