Lechufer Anno 1800: Die Geierwally Bühne in Elbigenalp im Tiroler Lechtal ist seit Jahren für ihre Aufführungen bekannt. Jeden Sommer begeistert das Ensemble tausende Zuschauer, die von weit her anreisen und den Besuch der Geierwally Bühne nicht selten mit einigen Tagen Urlaub im Lechtal verbinden.
Seit einigen Jahren schon liegt die künstlerische Leitung der Geierwally-Freilichtbühne in den Händen von Bernhard Wolf. Bekannt ist Bernhard Wolf in ganz Österreich und auch im benachbarten Ausland als Mitglied des Feinripp Ensembles. Seit 2006 komponiert der Lechtaler Musiker Christof Kammerlander (Zweierbeziehung) die Bühnenmusik der Geierwally Bühne. Und bereits 2015 hatten sich die beiden zusammengetan und das Stück „Todtentanz“ über das Leben von Johann Anton Falger, den großen Lechtaler Künstler, gemeinsam geschrieben. Die Zeit um 1800, in der Johann Anton Falger gelebt hat, faszinierte die beiden besonders und ist es nicht verwunderlich, dass das neue Stück der beiden auch im Lechtal dieser Zeit angesiedelt ist.
Das Lechtal um 1800 wird von den Soldaten Napoleons besetzt und mit dem Lech als natürliche Grenze geteilt. Im Norden wird es von den Franzosen und am südlichen Ufer von den Tirolern gehalten. Für viele Lechtaler bedeutet das eine Trennung von Familie und Freunden, es geht aber auch so weit, dass Bauern einen Teil ihrer Felder nicht mehr bewirtschaften können, weil diese auf der nördlichen Seite des Lechs liegen. Durch die Anwesenheit von fast 40.000 Franzosen wird auch bald die Nahrung knapp und die Einheimischen müssen die Soldaten verpflegen und bei sich aufnehmen.
Trotz aller Widrigkeiten entwickeln sich auch Freundschaften zwischen den Besatzern und der einheimischen Bevölkerung. Jakob, ein junger Lechtaler, dessen ganze Liebe der Musik und seiner Freundin Klara gilt, freundet sich mit einem französischen Soldaten an. Sie verbindet die gemeinsame Liebe zur Musik. Für Jakob bedeutet die Besatzungszeit aber auch die Trennung von Klara, da sie auf der anderen Seite des Lechs wohnt. Trotzdem gelingt es den beiden immer wieder sich heimlich zu treffen. Als seine geliebte Klara eines Tages nicht am vereinbarten Treffpunkt erscheint, nimmt die Geschichte ihren Lauf. Das Lechufer wird Zeuge einer Geschichte über Freundschaft, Liebe, Verrat und viel Musik.
Laut Vorabinfo erwartet die Besucher heuer ein Theaterabend, der die 25-jährige Tradition der Geierwally-Bühne weiterführt, in welchem aber Musik eine Hauptrolle spielen wird. Es wird live gesungen und musiziert und eine berührende Liebesgeschichte vor der historischen Kulisse einer spannenden Zeit im Lechtal erzählt. Diese Ankündigung machte mich neugierig und so fuhr ich ins Lechtal, um mit Christof Kammerlander und Elias Walch ein ausführliches Gespräch zu führen.
X-ACT: Wie seid ihr auf die Idee zu diesem Stück gekommen?
Christof: Gemeinsam mit Bernhard Wolf habe ich vor drei Jahren den „Todtentanz“ über das Leben von Johann Anton Falger geschrieben. Der war um 1800 gerade neun Jahre und hat dann später auch einige Sätze über die Besatzungszeit durch die Franzosen geschrieben. Und ich hatte immer schon die Idee gehabt, ein Stück zu schreiben, bei dem die Musik die Hauptrolle spielt, sozusagen die Musik wieder auf die Bühne zu holen. Die Geierwally Bühne bietet hierfür eine einmalige Kulisse. Dann die Geschichte dazu, der Lech als Trennungslinie zwischen Besatzern und Einheimischen und dann trennt er auch noch zwei Liebende. Die Liebesgeschichte wurde von uns fiktiv in die historischen Ereignisse integriert. Um die Geschichte möglichst getreu zu erzählen haben wir sehr viel in Büchern recherchiert, aber auch mit alten Lechtalern gesprochen. Allerdings wissen auch viele Lechtaler nicht mehr viel über diese Zeit, doch hat sie viele Spuren hinterlassen. Es gibt viele Dialektwörter, die aufs französische zurückgehen. Zum Beispiel heißt die Marschtrommel bei uns Tamperer, vom französischen Tambour.
Elias: Es können auch einige Hausnamen auf die Franzosen zurückgeführt werden. So gibt es zum Beispiel den Namen Tailer, der vom französischen Taylor, Schneider kommt.
X-ACT: Inwieweit ist Bernhard Wolf in Euer Stück integriert?
Christof: Bernhard und ich haben das Stück gemeinsam konzipiert und geschrieben. Er hat sich diesmal auch ins Songwriting mit eingebaut und hat bei den Texten mitgemischt. Es ist für mich wirklich sehr interessant, diese Symbiose aus Schauspiel und Musik.
X-ACT: Spielt Bernhard auch im Stück mit?
Christof: Er spielt mit, aber die genaue Rolle kann ich euch nicht verraten.
Elias: Was mir bei der ersten Probe aufgefallen ist, dass Bernhard und Christof, die einzelnen Rollen schon den verschiedenen Schauspielern sozusagen auf den Leib geschrieben haben.
X-ACT: Die Lieder werden live gesungen. Sind da drei Musiker, die schauspielern, oder singen da Schauspieler?
Christof: Playback singen wir nicht. Es sind Musiker wie Elias und ich, die sich hier als Schauspieler versuchen. Es gibt ein Lied, das ein junges Mädchen, nämlich Hanna Scheidle singt. Und ein Lied ist ein Gstanzl, wo sich Tiroler und Franzosen über den Lech hinweg musikalisch „duellieren“ – da ist es aber auch nicht so wichtig, dass das perfekt gesungen wird. Gespielt wird das Stück vom kompletten Ensemble der Geierwally Bühne und uns Musikern, nämlich Elias Walch, der den Jakob spielt, Celina Perl spielt die Klara und ich spiele den Ignaz, den Vater der Klara. Regie führt mit Hubert Spiess auch ein bekannter und sehr erfahrener Lechtaler. Er hat ja bereits „Marie die Alpenkönigin“ und „Kaspar und die Wilderer“ auf der Geierwally-Bühne inszeniert. Außerdem ist er bekannt durch seine Arbeit am Tiroler Landestheater, am Volkstheater in Wien und am Sommertheater Winterthur.
X-ACT: Die Musik wird aber nicht live gespielt?
Christof: Die Musik wird großteils vom Band sein. Das wäre vom Platz und vom finanziellen her eine zu große Herausforderung. Wobei allerdings, wie wir auch im Pressetext herausstreichen, die Musik die Hauptrolle spielt. Sie verbindet Jakob mit seiner Klara, verbindet aber auch Jakob mit dem französischen Soldaten, der sein Haus besetzt hat. Musik schlägt da eine Brücke. Durch die Sprache der Musik kann ich mit jedem kommunizieren.
X-ACT: Wieviele Aufführungen habt ihr geplant?
Elias: Bis zum 25. August sind fünfzehn Aufführungen geplant. Erwartet werden dabei an die neuntausend Zuschauer. Viele davon kommen aus Bayern und dem Allgäu.
X-ACT: Seit einigen Tagen kann man das Lied „I versteah di“ streamen oder downloaden. Geht ihr damit auch zu Radiostationen, um Werbung für das Bühnenstück zu machen?
Christof: Das war geplant, wir haben eine Bemusterungssingle produziert und Franz Selb hat die Radiopromotion übernommen. Wir hoffen, dass wir schon die Gelegenheit bekommen, bei einigen Radiostationen über das Stück zu sprechen. Die Lieder kann man auch sehr gut ohne das Stück genießen, die Texte sind allgemein gültig, man muss nicht das Stück gesehen haben, um die Lieder zu verstehen. Die Reaktionen auf das erste Lied waren für uns auch überwältigend, mit so einem Echo hätten wir nicht gerechnet. Zum Lied haben wir ja auch mit einfachen Mitteln ein Video gedreht, welches bereits fleißig angeklickt wird. Uns ist es wirklich gelungen, dass die Leute auf das Stück neugierig werden. Wir haben nur ein Porträtvideo gedreht, da sieht man auch gut, welche Präsenz und welche Ausstrahlung Celina rüber bringt.
X-ACT: Ist auch geplant, die Lieder in Form eines Konzertes zu präsentieren?
Christof: Doch wir beabsichtigen schon, die Lieder auch live zu präsentieren. Wir haben die Single auch unter dem Interpretennamen „Lechufer“ verschickt. Für mich ist es eine tolle Erfahrung mit zwei jungen, talentierten Musikern zusammen zu arbeiten, die wieder neue Einflüsse einbringen.
Elias: Ich glaube auch, dass bei den Radios ein Bedarf da ist. Zur Zeit läuft sehr viel Schlagerpop, vor allem aus Ostösterreich. Es ist schon an der Zeit, dass wieder mehr Musik aus dem Westen gespielt wird. In Bayern sind wir zum Beispiel Ende Mai bei der Showbühne eingeladen, einige unserer Lieder zu präsentieren.
Christof: Die Lieder haben wir in Nashville mischen lassen. Über eine Homepage haben Leute ihre Dienste angeboten, wir haben unabhängig voneinander die Wahl getroffen, der Mix ist echt der Hammer. Man hört, dass die Lieder live eingespielt wurden. Unterstützt wurden wir bei dem Lied von Christian Kaufmann an der Gitarre, Fabian Möllner am Bass und Gottfried Alber am Akkordeon.
X-ACT: Da wünschen wir euch viel Spaß und Erfolg mit eurem Stück und hoffen, dass wir die Lieder im Herbst auch mal in Form eines Konzertes erleben können.
Story, Event-Tipp & Interview by MICHAEL STECHER