„Im direkten Vergleich mit den Retro-Rockern The Weight haben ebendiese momentan die Nase vorn, ihr Erfolg ist hart erarbeitet, ihre geile Live Show ist das Resultat, wenn sich eine Band den vielzitierten Arsch abspielt. KFJ ziehen aber nach, können auf ein paar coole Gigs verweisen und haben soeben ein amtliches Comeback-Album aus dem Hut gezaubert. Das Debut-Album von The Weight kommt im November 2017 und dann wird man endgültig sehen, wer in Österreich der bessere Retro-Rock-Act ist! KFJ haben allerdings schon mal satt vorgelegt! Das wird also interessant!“ …das habe ich im August 2017 am Ende der Albumkritik über das aktuelle Album der Wiener Band Kaiser Franz Josef geschrieben. Und hier kommt die Antwort: JA, The Weight rocken KFJ in Grund und Boden und verteidigen ihren Platz ganz oben auf eindrucksvolle Weise! Kaiser Franz Josef müssen sich darob degradierenderweise mindestens in Bürgermeister Franz Josef umbenennen, so brutal fräsen ihnen The Weight einen Mittelscheitel! Aber gehen wir mal etwas ins Detail…
Hat man die CD dem schrecklich furchtbaren „Cover“ entnommen, auf dem die Schriften nahezu unleserlich sind, staunt man schon mal nicht schlecht und schüttelt verwundert den Kopf, dass sich so eine geniale Band nicht einmal ein ordentliches Coverdesign leisten kann und gänzlich auf ein Booklet verzichtet… Dann aber schon spitzt man die Ohren, denn die Produktion ist satt und kraftvoll geworden, Retro-Sound transformiert ins Jahr 2017 und mit den heutigen technischen Möglichkeiten, druckvoll und kristallklar, dennoch rotzig frech und voller Ecken und Kanten! Fette Drums leiten „Hard Way“ ein, ein Midtempo-Rocker allererster Güte mit einem tonnenschweren Riff und Reminiszenzen an Led Zeppelin und Deep Purple. Und über allem thront die unglaublich lässige Stimme von Tobias Jussel, der auf absolut internationalem Niveau shoutet. Einfach ein grandioser Opener, der nix anbrennen lässt! Als zweiter Track kommt schon der Hit „Trouble“, der vorab ausgekoppelt wurde und für den sie ein gandioses Video zauberten, welches schon zahlreiche Preise einheimsen konnte! „Trouble“ ist ein Pop-Rock-Song mit Mitgröhl-Elementen und Ohrwurmqualitäten. Und hier gibt’s auch das erste Gitarrensolo vom Burgenländer Michael Böbel, der diese Musik scheinbar schon mit der Muttermilch aufgesogen hat! Aber hier erstmal das geniale Video zu „Trouble“:
Track Nr. 3 nennt sich „Inside“ und beginnt wie eine alte Slade-Nummer, Jussel singt flockig locker wie Geddy Lee und Andreas Vetter trommelt trocken und eisern wie einst John Bonham! Dann noch ein paar psychedelische Einflüsse und einmal mehr ein Chorus, der einem nicht mehr aus den Ohren geht! Die vielzitierte Floskel „Ohrwurm“ bekommt bei The Weight eine vollkommen neue Bedeutung! Herrlich erdig und entwaffnend ehrlich! Der nächste Song beginnt mit lässigen Slide-Gitarren, – die alten Whitesnake lassen grüssen! „Rich Man’s Pride“ geht im Refrain ab wie nur was und spätestens wenn die Slide-Gitarren wieder einsetzen, schliesse ich meine Augen und sehe Micky Moody vor mir! Auch das ist ein Song, der ihnen ein ausgezeichnetes Zeugnis ausstellt. Überhaupt haben die Jungs ihre Art zu komponieren und arrangieren mega verfeinert und auf ein Top-Niveau gehoben! Alle Achtung! Danach kommt mit „A Good Thing“ ein Song, der irgendwie nach Fleetwood Mac klingt und der Leadsänger liefert aber sowas von ab! Dann zieht der anfangs heavy groovende Song etwas an, gewinnt an Fahrt und weiss mit wunderschönen Orgelklängen zu gefallen. Überhaupt ein Weltklasse-Song mit astreinen Vocals und sehr leiwanden Gitarren!
„Money Ain’t For Keeping“ geht dann mit einem Riff ab. das auch von Joe Walsh stammen könnte und das ist wahrhaft ein Kompliment! Der Song ist von der schnelleren Art und erinnert stark an alte Westcoast-Heroes. Auf jeden Fall eine der fetzigeren Nummern auf diesem Album! Saugeile Mucke aber auch! „Hammer, Cross & Nail“ geht dann in eine ganz andere Richtung. Der achteinhalbminütige Track beginnt bluesig und lebt von einer unglaublich dichten Atmosphäre und von den gefühlvollsten Vocals seit der Erfindung gefühlvoller Vocals! Verhalten wird der Song heavy, schöne Chöre, satte Bässe, sphärische Keyboards mit jeder Menge Echo und über allem eine saugeile Leadgitarre! Was für eine ungeheure Spielfreude! Dann zieht der Song auch noch an! Doubletime und röhrende Hammond samt Orgelsolo, dann wieder zurück in die Halftime und abermals fräst sich die Gitarre in die Ohren. Also das ist das geilste Stück Musik, dass ich seit langem gehört habe. Dazu noch eine Kompostion, die sich nicht verstecken braucht und ein Arrangement so geil wie die Erfindung des Cordon Bleus! „Jam“ ist dann das, was man einen relaxten Song nennt, Twin-Leadguitars in bester Westcoast-Manier, ja überhaupt ein Song, wie ihn Grössen wie Pablo Cruise oder die Doobie Brothers auch nicht besser hingekriegt hätten. California, Palmen und eine niedliche Bucht, coole Drinks, hot Girls und relaxte Stimmung und dazu dieses herrliche Gitarrensolo! Herz, was willst du mehr? Mit diesem Song beweisen sie, dass sie nicht nur das „Hau-drauf-Gerocke“ beherrschen, sondern eigentlich alles spielen können, was sie jeweils wollen. Was ist da für eine talentierte Band herangereift! Unpackbar!
Mit „Get Some“ bewegen wir uns schon in Richtung Finale und dieser Song greift wieder heftiger an, – Zep, Purple & Co standen auch hier Pate, aber der Song ist – wie das gesamte Album – zu eigenständig, um als Klon abgewertet zu werden. Die Vergleiche stehen hier lediglich selbstredend als Verneigungen vor ihren Helden und als Zeugnis für den hohen Stellenwert von The Weight! Der letzte Song des Albums, „Plenty Of Nothing“, ist ein bluesiger Psychedelic-Hadern mit wunderschönen Harmonien und fetten Gitarren. Der Chorus ist zum Niederknien schön und alles in allem ein würdiger Abschluss für ein Album, das einem musikalisch aus den Socken haut, auch wenn der erste Eindruck durch das billige Cover ein völlig falsches Licht auf diese Produktion wirft. Der marketingtechnische Selbstmord wird dieser genialen Band hoffentlich nicht schaden. Auf jeden Fall höre ich noch das Finale des letzten Songs und freue mich, dass es in Österreich endlich wieder eine Band gibt, die international mithalten kann!
Fazit: ein Album, auf das die Rockwelt sehnsüchtigst gewartet hat und der beste Beweis, dass noch lange nicht alle geilen Songs der Rockgeschichte geschrieben sind! The Weight aus Wien mit drei Vorarlbergern und einem Burgenländer, werden uns sicher noch sehr viel Freude machen und nach ihrer geilen EP „Keep Turning“ (2014) und einer Tour mit den Legenden Foreigner und zig Gigs im In- und Ausland ist nun ihr Debut-Album da und das hievt die Jungs gleich auf Platz 1 der österreichischen Retro-Acts und sichert ihnen einen Platz ganz vorne in der internationalen Musikszene! Man hat ja mit vielem gerechnet, aber dass das neue Album so geil wird, hätte man in den kühnsten Träumen nicht erwartet. Es ist nicht die nächste logische Stufe, es ist ein Quantensprung! Hatte man noch vor ein paar Jahren gedacht, es kommt nix G’scheits mehr nach, dann widerlegen The Weight das eindrucksvoll. Sagte Gene Simmons vor eineinhalb Jahren noch „Rock is dead“, so muss man jetzt dem Dodl das Weight-Album unter die Nase reiben! Keine Frage, diese junge, dynamische Band ist mit allen musikalischen Wassern gewaschen, hält die Fahnen des ehrlichen, geradlinigen Rocks höher als hoch und steht ja erst ganz am Anfang! Kaum vorstellbar, was diese Band noch alles schaffen wird! Den Schla-Wienern sind keine Grenzen gesetzt und es ist so, wie der legendäre Gotthard Rieger mal zu mir sagte: „Qualität lässt sich auf Dauer nicht verhindern!“ Also, auch wenn das Radio dieses Album nicht spielen sollte und das Fernsehen noch keine Notiz von diesen Ausnahme-Typen nimmt, so werden sie als The Weight dennoch ihren Weg machen! Ohne wenn und aber!
Rating: 10 von 10 Punkten!!! Besser geht’s nicht!
CD-Review by TOM PROLL
P.S.: …eines muss ich noch los werden: in vielen Kritiken werden sie mit Pink Floyd verglichen, – nun, – sie mögen vereinzelt Elemente von den Göttern verbraten, aber mit Pink Floyd hat The Weight weissgott grundsätzlich aber rein gar nix zu tun!
Line Up:
- Tobias Jussel – Lead Vocals, Keyboards, Organ, Piano
- Michael Boebel – Guitar
- Patrick Moosbrugger – Bass
- Andreas Vetter – Drums
Das geniale Management besorgt Jürgen Langer (Applaus) von Soulshine! Das grausliche Cover haben Edison Wormhole verbrochen, für die hiermit die Steinigung beantragt wird!
Weblinks: Official Homepage, facebook