Nach den beiden erfolgreichen Alben „Internal Affairs“ (2012) und „Skyline Whispers“ (2015) war die Erwartungshaltung sehr gross, was diese All-Star-Band wohl auf ihrem dritten Album zustande bringen wird. Und siehe da! – die kühnsten Erwartungen wurden solide übertroffen! Waren sie „ihrem“ Sound auf den beiden Vorgängeralben schon sehr nahe auf der Spur, so haben sie mit ihrem neuen Album „Amber Galactic“ aber sowas den Vogel abgeschossen! Die Protagonisten Björn Strid (Soilwork, Leadvocals), David Andersson (Soilwork, Guitar), Sharlee D’Angelo (Arch Enemy, Spiritual Beggars, Bass), Richard Larsson (Von Benzo, Keyboards), Jonas Källsbäck (Mean Streak, Drums) und Sebastian Forslund (Kadwatha, Vocals, Percussion, Guitar) entführen uns auf ihrem Raumschiff mit Hyperspeed zurück in die späten 70er und in die Anfangs-80er, als der AOR/ Melodic-Rock gerade erst erfunden worden ist! Und sie vermischen Einflüsse von Queen, Boston, ELO, Bad Company, Van Halen, Sweet, Deep Purple, Uriah Heep usw. mit so einer strahlenden Überzeugungskraft, dass man glauben muss, sie hätten nie etwas anderes gemacht! Dabei kommen einige Musiker von grunzenden Metal-Bands mit brutalen Texten und tiefergestimmten Gitarren-Riffs, die in der Magengrube noch Schmerzen verursachen, ganz zu schweigen, was diese „Musik“ in den Ohren anrichtet… Aber zusammen haben sie The Night Flight Orchestra gebildet und das zeigt eindrucksvoll, wo der Hammer hängt! Da müssen sich sogar die Cats In Space warm anziehen! Mr. Spock würde sagen: „…faszinierend!“
Und sie lassen nix anbrennen! Gleich mit „Midnight Flyer“ gehts nach einem 80er-typischen Intro ab, dass die Fetzen fliegen! Björn Strid macht mal ganz schnell klar, welch sagenhafter Sänger er doch ist und die Gitarren fegen um die Wette. Herrlich wie die Keyboards 80er Klangteppiche weben. Der Song geht sofort ins Ohr, die Melodien bleiben hängen und die Komposition an sich ist der Hammer! Bist du deppert, The Night Flight Orchestra fegen rotzig frech, dass es eine wahre Freude ist, Double Lead-Guitars zum Niederknien und ein Synthiesolo vom Feinsten, ehe noch ein lässiges Gitarrensolo abgeht wie Nachbar’s Lumpi! 6 Minuten astreiner Melodic Rock! „Star Of Rio“ erinnert irgendwie an „Ain’t Talkin‘ ‚Bout Love“ von Van Halen, – stampfend geht der Song zu tollen Harmony-Vocals ab und erinnert sreckenweise an ein Konglomerat von Glitter Band und Uriah Heep. Nur eben alles einen satten Zacken härter als damals und in modernem, zeitgemässen Sound. Gitarren und Synthies lassen keine Wünsche offen. Dann kommt „Gemini“ aus den Boxen. Sci-Fi-Intro und dann ein Song, wie ihn sicher auch gern die Bad Company geschrieben hätte, der Chorus klingt ein wenig nach ELO, als diese noch richtig gut waren. Im Instrumentalteil dann 80er Disco-Sound, ehe die Gitarre erst melodiös und dann virtuos das Highlight bildet. Das Riff von „Sad State Of Affairs“ könnte auch Tom Scholz für Boston geschrieben haben. Hat er aber nicht! Die Vocals sind dann wieder sowas von gut und dann immer wieder dieses gnadenlos gute Riff! Im Mittelteil geht es in die Halftime und es klingt sehr nach Toto. Das Solo ist auch nicht von schlechten Eltern! Und der Refrain ist eimal mehr ein Ohrwurm, der sich in den Gehörgängen festsetzt und von dort nicht mehr weg will! Fantastisch! Was soll da noch kommen, frage ich mich?! „Jennie“! …ein herrlicher Song, der irgendwie eine Mischung aus Toto und Survivor ist, mit einem Arrangement, welches an Queen erinnert, mit einem Schuss Kansas und einer Brise Firefall… Unglaublich gut und unglaublich schön! Mit „Domino“ zollen sie einmal mehr Bands wie Mr. Mister und Toto Tribut und auch Erinnerungen an die grandiosen Tokyo werden wach! Und was kann schon schief gehen, wenn ein Song mit „I was lost in Vienna…“ beginnt? Na eben! Ein geiles Gitarrensolo setzt dem relaxt groovenden Song das Tüpfelchen auf’s „i“ und der Chorus ist einmal mehr zum Niederknien! Und dann erst das Ending-Solo… sehr virtuos und melodiös!
„Josephine“ beginnt mit Stops und funky Keyboards und ist alles in allem ein wunderbarer Pop-Song mit herrlichen Melodien. Ja genau, The Night Flight Orchestra machen endlich wieder richtig Musik! Und das alles auf dem unsäglichen Label „Nuclear Blast“, die sich ja in den 90er Jahren dafür „auszeichneten“, dass sie grausliche Covers und brutale Mucke in die Plattenläden brachten… Ich fasse es nicht… Jedenfalls ist „Josephine“ ein fantastischer Song mit einem gnadenlos guten Guitar/Keyboard-Duell am Schluss! „Space Whisperer“ geht dann wieder in Richtung ELO oder aber auch in Richtung Promises und sogar A Flock Of Seagulls… Erstaunlich, die müssen die 80er-Mucken mit der Muttermilch aufgesogen haben! Im Soloteil wirds dann auch noch zusätzlich psychedelisch und im Refrain lassen Mott The Hoople sehr herzlich grüssen. „Something Mysterious“ ist fast schon ein Klon von Survivor’s „Burning Heart“… aber egal, dieser Song ist auch ein Hammer. Und was ist schon schlecht daran, wie etwas Gutes zu klingen? Na eben. Und unser aller Eddie Van Halen sagte mal in einem Interview: „Lieber gut gestohlen als schlecht selber komponiert!“ Da ist was dran, das hat was… Mit dem grandiosen Song „Saturn In Velvet“ endet dieses Album in der normalen Version mit einer Mischung aus The Who, Queen und Whitesnake. Keine Frage, auch dieser Song ist vom Feinsten und Björn Strid singt einfach genial, – übrigens auf allen Tracks! Die Orchester-Spuren kommen auch gut und Herr Andersson greift einmal mehr saftig in die Saiten! Was für ein Finale einer absolut grandiosen CD! Käufer des „Limited Edition Digi Pak“ kommen dann noch in den Genuss des Bonus Tracks „Just Another Night“, einer Cover-Version des Hits von Mick Jagger! Eine absolut geile Version mit absolut hörenswerten Saxofon-Parts von Martin Lindqvist! Unterm Strich eines der besten Alben seit langem! Hier haben ein paar profunde Musiker einen Haufen erstklassiger Songs geschrieben, die man unbedingt gehört haben sollte. Ohne wenn und aber!
Rating: 10 von 10 Punkten!
CD-Review by TOM PROLL
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