WANDA aus Wien. Hoffnungslos gehypt von der offensichtlich tauben FM4-Crew und masslos überschätzt von so manchem „Journalisten“… Ich hab ja lange einen grossen Bogen um diese künstliche Kasperl-Band gemacht, hab da immer andere drüber schreiben lassen und hab mir immer eingeredet, dass die mir sowas von wurscht sind… bis ich eines Tages irgendeinen deutschen TV-Sender laufen habe und die brachten eben diverse Live-Konzertmitschnitte vom renommierten „Hurricane Festival“. Das Festival im norddeutschen Scheeßel gibt es seit 1997 und zählt mit 70.000 Besuchern zu den grössten Festivals in Deutschland. Also, das ist ja schon was! Soweit sogut. Plötzlich nach Rammstein reisst’s mich im Fauteuil: Wanda aus Wien sind ebendort auf der Bühne! Also gut, denk ich mir, dann schaust halt einmal, um was es da so geht…
WANDA auf dem „Hurricane Festival 2016“
Also, die torkeln auf die Bühne wie b’soffene Seefahrer, verhalten sich wie Spastiker und bringen es während der ganzen Zeit nicht mal ansatzweise zu sowas, was man allgemein als „Show“ bezeichnen könnte. Die „Performance“ wirkt für mich eher wie ein gescheiterter Fortbildungskurs für Langzeitarbeitslose. Das Bühnenoutfit verdient den Namen nicht: Ruderleiberl, Versicherungsvertreter-Hemden und der Sänger (zerzauste Haare, null Styling, unrasiert…) eine zerrissene Jeansjacke. „Moment!“, mag der eine oder andere jetzt denken, „was ist denn an einer zerrissenen Jeansjacke so verkehrt?“ Nun, zerrissene Jeansjacken oder Hosen a la Bon Jovi haben so einen leicht verrucht erotischen Touch, aber die Jeansjacke des Sängers schaut aus, als sei er irgendwo patschert hängenblieben… keine Spur von Erotik.
Aber das Festival-Publikum feiert diese Band!
Dann die „Musiker“: Bassist Reinhold „Ray“ Weber ist zwar keine Leuchte, aber er spielt seinen Bass sauber, im Timing und solide durch die aber auch eher sehr leichten und seichten Songs. Gitarrist Manuel Christoph Poppe ist nur schlecht und peinlich, er hat nicht mal ansatzweise sowas wie einen guten Sound, ist technisch auf Volksschulniveau und wenn er eines der wenigen und kurzen Gitarrensolos „spielt“, weiss man auch sofort, warum es davon nicht mehr gibt: er quält sich im Schneckentempo durch eine kleine Anzahl von single notes und das wars dann auch schon. Keine Bendings, keine fast slides oder gar double hand tapping… Gut, – vielleicht braucht Wanda aber auch nicht mehr?! Egal, dafür hat der Schlagzeuger Lukas Hasitschka in der Musikschule gefehlt, als Groove und Timing verteilt wurden. Also was der für einen Topfen zusammenspielt, das muss man sich erst einmal trauen! Dass die Band trotzdem halbwegs „zusammenspielt“ ist dann fast schon wieder ein Wunder! Keyboarder Christian Hummer hat keinen Schimmer, um was es geht. Er drückt irgendwo herum und hat einen Trefferquote von 50% wenn es darum geht, die richtigen Tasten zur richtigen Zeit zu drücken. Seine oftmals ausufernden Soundkaskaden haben elektronischen Lärmcharakter und seine „Pianosolos“ sind unfreiwillig komischer Freejazz… Also, der Typ ist noch schlechter als der ohnehin schon grottenschlechte Gitarrist! Fehlt nur noch der Sänger: Michael Marco Fitzthum (Künstlername Marco Michael Wanda) singt recht gut, hat eine etwas versoffene Stimme, aber nicht uninteressant. Er macht auch seine Sache als Frontman gut, aber er muss ja auch nicht viel machen, denn die Leute singen mit, machen jeden Blödsinn mit und fressen ihm aus der Hand. Er kommt zwar arrogant rüber, aber das war auch beim Falco schon eine Art Erfolgsrezept. Unterm Strich eine sauschlechte Band, die bei jedem Bandwettbewerb nicht mal die Vorrunde überstehen würde…
Aber das Festival-Publikum feiert diese Band!
Und erst die Musik, die Songs, die Arrangements: also Wanda machen eine Art Austropop-Recycling, nehmen ein paar Akkorde bekannter Austro-Pop-Songs, mischen das Ganze, stehlen noch bei Ambros, Werger, Danzer, Fendrich & Co was das Zeug hält und der Sänger bewegt sich und singt wie ein Falco für arme Leute, dazu ganz leichte Arrangements, weil sie können ja nicht wirklich spielen, – dafür aber weiss der Sänger, wie man das Publikum mit „Bussi Bussi“ und „Amore“ auf Bierzeltniveau unterhalten kann. Seltsam skurrile Band! Irgendwie ein Act zwischen Publikumsverarschung und Austro-Pop-Parodie…
Aber das Festival-Publikum feiert diese Band!
Ist nicht einfach zu verstehen, wie Wanda diesen Status erreichen konnten. Vielleicht ist das Publikum ja musikgeschmacklich noch schlechter als Wanda? Oder sind Wanda als Dada-Kunstprojekt absichtlich sooo schlecht, dass sie schon wieder gut sind? Keine Ahnung… Jedenfalls stellt der Interviewer beim „Hurricane Festival“ dem Sänger bedeutungsschwangere Fragen und – siehe da! – der bühnenbezogene Frechdachs antwortet biltzschnell, teilweise hochintelligent, mindestens aber intelligent und schlagfertig! Mit dem hätte ich jetzt nicht gerechnet! Jetzt bin ich umso mehr irritiert… muss mir mal ein Konzert anschauen und anhören… Vielleicht ändere ich ja meine Meinung noch, wenn ich erst verstanden habe, warum sie so schlecht sind… Aber diese Backstage-Interviews waren echt gut!
WANDA live in Lustenau am „Szene Open Air“
Wanda entern die Bühnen wie eine zusammengewürfelte Gasthaus-Partie, die Musiker sind noch immer so schlecht wie beim TV-Auftritt, nur der Gitarrist unterbietet noch seine ehedem schon miese Leistung. Das muss man erst einmal können! Der Rest der Band spielt wie gehabt. Der Sänger war beim „Hurricane Festival“ besser, beim „Szene Open Air“ in Lustenau schwächelt er stimmlich schon sehr! Die Stimme kippt andauernd und irgendwie hat man das Gefühl, er kämpft sich mehr als er singt durch die Songs, die keine sind… Dann erst die „Show“: das ohnehin schlechte Stage Acting wird nur mehr durch das Fehlen einer echten Produktion und durch die masslose Arroganz des Sängers überboten! Als sich doch einige Buh-Rufe ihren Weg ans Gehör des Sängers bahnen, masst sich dieser an, die Leute zu massregeln… dann stellt er sich hin wie ein Prediger und schreit: „Los, Lustenau! Feiert uns!“ Leck mich am Arsch! Arroganter und billiger gehts nimmer…
Aber das Festival-Publikum feiert diese Band grösstenteils!
Also was ist es nun? Eine ernstzunehmende Kabarett-Truppe, die vollkommen verkannt wird oder doch die eingangs erwähnte Kasperl-Band? Am 26. März 2015 erreichte das Album „Amore“ Goldstatus in Österreich. Für den „Amadeus Austrian Music Award 2016“ waren sie in den Kategorien „Band des Jahres“, „Album des Jahres“, „Song des Jahres“, „Live Act des Jahres“ sowie der Genre-Kategorie „Pop / Rock“ nominiert. Ausgezeichnet wurden sie als „Band des Jahres“, als „Liveact des Jahres“ sowie in der Kategorie „Pop/Rock“. Der „Musikexpress“ nannte sie im August 2015 die „vielleicht letzte wichtige Rock’n’Roll-Band unserer Generation“. Die Leser des deutschen „Rolling Stone“ wählten Wanda im Dezember 2015 zur „Band des Jahres“. Hm? Entweder sind die alle deppert oder ich hab was nicht verstanden. Ich denke eher, dass hier diese Oberflächlichkeiten als Kunst überbewertet werden und dass man dieser Band viel zu viel Vorschusslorbeeren ausgeteilt hat. Dass die Leute im Publikum, die der „Null-Bock-Generation“ angehören, diese Musik und diese Band „gut“ finden, ist halt Programm, – aber dass die Fachleute allenorts nicht aufschreien und sich übergeben müssen, das ist für mich der wahre Wahnsinn!!!
Aber wie sagte dereinst Karl Kraus so schön treffend: „In Zeiten des kulturellen Niedergangs werfen selbst Zwerge einen langen Schatten!“
In diesem Sinne: schaut und hört euch Wanda an. Aber lasst’s mich bitte damit in Ruhe!!!
Kontroverse by TOM PROLL