Die Schweizer Rock-Szene hat ja einige Hochkaräter zu bieten und auch die weniger bekannten Bands sollte man nicht aus den Augen und speziell den Ohren verlieren. Die Solothurner Band O.M.S. und ihr aktuelles Album „Shoot The Crow“ ist so ein Fall, wo es sich auf alle Fälle lohnt, öfters reinzuhören!
„Ohren auf! Das aktuelle Album von O.M.S. „Shoot The Crow“ ist ein Feuerwerk. Turn up the volume and let the music do the talking! Das Liedgut ist vielseitig und zeitlos und die besten Geschichten erzählt bekanntlich das Leben. Eine intensive Achterbahnfahrt, gespickt mit authentischem Independent Rock und melodiösem Powerpop. Die 14 Songs sind mal leidenschaftlich und aufbrausend laut, mal melancholisch, intim und leise. Nichtsdestotrotz gelingt der Band der Spagat zwischen Abwechslung und Harmonie. Ob unplugged oder eingesteckt – die Liveshows von O.M.S. sind bekannt für ihre Intensität und Spielfreude. Doppelte Gitarrenpower, dynamische Drums, wuchtige Basslinien und zu guter Letzt der charismatische Gesang des Songwriters „o.d.“ sind Garanten für einen Musiktrip der besonderen Art.“ – entnimmt man dem Presse-Info und man hat gleich Lust, sich die neuen Songs der Band anzuhören und zu testen, ob die Songs die Schecks einlösen, die das Presse-Info ausstellt!
O.M.S. – das stand mal für „Overdrive Meets Space“ und wie man früheren Reviews älterer Alben entnimmt, spielte die Schweizer Band aus dem Kanton Solothurn früher mal eine Mischung zwischen Hardrock und Space-Rock. Nun, das hat sich auf dem vorliegenden Album ein wenig geändert. Die 1994 gegründete Band fetzt auf ihrem neuen Album „Shoot The Crow“ mit dem Opener „The Real Me“ gleich mal ordentlich weg und bringt ein Lehrstück eines zeitgemässen Rocksongs mit poppigem Flair, einem fetten Chorus und mit Effekten auf der Stimme und sonstigen Sound Effects sind sogar noch Spurenelemente des einstigen Space-Rocks vorhanden! Auf jeden Fall gleich mal ein Einstieg, der es in sich hat und Lust auf mehr macht. Und der zweite Song „Not Ready“ ist gleich mal die nächste Überraschung: da geht es a la Beatles zu Werke, aber frecher, mit einer Prise Punk und einem unleugbaren Hippie-Feeling. Aber hier passt einfach alles, die Komposition ist ein Hammer und der Sänger Marc „o.d.“ Rudin gibt alles. Es sind aber auch die Gitarren, die hier im 6oies-Style knattern und lässig grooven. Das tun sie auch beim nächsten Song „Revolution“, der geistig eindeutig ein Kind der 70er ist, nur eben transformiert in die Neuzeit. Hier schaffen es O.M.S., folkige Klänge mit frechen Hardrock-Elementen zu vereinen und erbringen den Beweis, dass sie über allen Stilen stehen und ebendiese gekonnt vor ihren Sound-Wagen spannen! „Ah Ah“-Chöre aus der Glam-Rock-Ära treffen auf Rockgitarren der Pre-Punk-Ära. Herrlich! Sanfte Töne schlagen sie dann bei „All Those Friends“ an. Und hier trifft Hippie-Feeling auf balladeske Töne a la Bob Dylan, nur eben mehr in Richtung Psychedelic-Pop. Akustikgitarren dominieren diese Song, die Rhythm Section spielt ein minimalistisches Arrangement und der Gesang thront schmachtend über alldem. Eine Ballade, wie sie selbst die Rolling Stones nicht besser hingekriegt hätten! Die Band bleibt folkig, geht eher Richtung Folk-Rock und so ist „Enough Is Enough“ ein Song, der auch aus der Feder von Tom Petty sein könnte, nur dass O.M.S. das ganze etwas rougher und frecher angehen, was dem Song hörbar gut tut. Geiles Gitarrensolo, by the way!
„Healing“ beginnt heavy und hat trotzdem dieses Pop-Feeling gleichermassen. Ein Song mit vielen Gesichtern: mal funky, dann wieder Pop, dazu heavy Gitarren und schöne mehrstimmige Chöre. Ein interessanter Song, zumal hier abermals die stilistischen Musik-Grenzen kunstvoll verschwimmen, – ähnlich der Farben des mehr als gelungenen Cover-Artworks. „Need Some Time“ ist ähnlich gestrickt, kommt aber wieder ganz anders rüber. Hier dominiert das Folk-Pop-Feeling und das Gitarrensolo ist eher wie von einem Lou Reed-Album. Schräge Mischung allemal, aber gefällig und auf alle Fälle radiotauglich. Pink Floyd-iges Feeling kommt beim Song „Say“ auf. Wer „Fat Old Sun“ oder „Wish You Were Here“ mag, der kann auch mit diesem Song was anfangen. Die dichte Atmosphäre, die wegge-space-ten Gitarren und der psychedelisch angehauchte Leadgesang, machen aus diesem Song eine sehr edle Post-Hippie-Ballade allererster Güte! Fette Gitarren-Riffs eröffnen dann „Opposition“, ehe der Song für den Verse mit Akustikgitarren-Geschrammel zusammenbricht, dafür dann aber im Chorus wieder gehörig anzieht, – auch hier spacige Elemente zuhauf, allein schon die Gitarreneffekte sind geil und würden auch gut zu Hawkwind passen. Aber dieser Song hat mehr zu bieten, denn die Vocals gehen eindeutig in Richtung Power-Pop und auch sonst sind wieder u.a. folkige Elemente mit dabei. Interessantes Stil-Mischmasch und auch gleich der Beweis, das noch lange nicht alles schon mal da war, denn diese Art des Arrangierens ist so eigenständig, dass man hier ganz klar von einem ureigenen O.M.S.-Stil sprechen muss. Der Titel-Track „Shoot The Crow“ ist dann wieder eine Mischung aus Grunge, US-Punk und Velvet Underground. Es geht im Midtempo zur Sache, die Gitarren drücken immer straight forward und die Leadvocals huldigen einmal mehr Lou Reed, Jackson Browne, Neil Young & Co.! Feine Sache!
Mit „No More“ bieten sie dann eine wunderschöne Ballade, die fast schon rosarot kitschig wäre, würde nicht die versoffen klingende, rauchige Stimme des Sängers dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung machen! Ein relaxtes Akustikgitarren-Solo mit anschliessendem Break im 3/4-Takt (!) passt wie die Faust aufs Auge und spätestens, wenn der Chorus abermals einsetzt, weiss man schon genau, dass man sich diesen Song wohl öfters anhören wird. Und dann lässt Jimi Hendrix grüssen, wenn die Wah Wah-Gitarren „Eternal Love“ eröffnen. Im Verse noch eher zurückhaltend mit Akustikgitarren und Wah Wah-Backings, zieht der Song dann im Chorus an, wenn Hard-Rock-Licks wegfetzen. Dennoch bleibt das Arrangement gespickt voll mit Überraschungen, denn das Gitarrensolo ist wiederum ganz klar dem Country-Rock (!) zuzuordnen. Noch einen Zacken härter kommt dann „What’s It All About“, wo ein knackiges Riff klar dominiert, dennoch ist das auch wieder kein reiner Hardrock-Song, denn O.M.S. zerpflücken auch diesen Song auf ihre eigene Art. Das Highlight ist das geile Gitarren-Solo! Dann ein Break, mehrstimmige Vocals und später wieder dieses göttliche Riff! Wir kommen zum letzten Track, der eine herrliche Hardrock-Ballade ist, so in der Art wie früher Aerosmith mit „Dream On“. Aber diese Band kupfert nix ab, sie sind derart eigenständig, dass man nur sagen kann: Hut ab! Der Song ist dort und da wieder leicht floydig, dann wieder wieder folkig und immer wieder dringen ein paar Gitarren-Licks a la Keith Richards durch. Die Vocaleffekte und das heruntergeschraubte Tempo sind wieder Space-Rock. Also bleibt nur mehr der Schluss: das sind O.M.S.! Und das ist auch gut so! Ein lässiges Album, wo man so viel entdecken kann! Ganz klare Kaufempfehlung!!!
Rating: 8 von 10 Punkten!
Review by TOM PROLL
Line Up:
- Marc „o.d.“ Rudin: Lead Vocals, Bass, Guitar
- Tom „Buba“ Rudin: Guitar, Backing Vocals
- Role Meyer: Guitar, Backing Vocals
- Johnny Gujer: Drums, Percussion