Im Herbst soll die neue CD von Christian Becker erscheinen, der früher unter dem Künstlernamen „Beckermeister“ ja sehr bekannt war und ist. Michael Stecher hat ihn im Vorfeld zum Interview gebeten.
In all den Beckermeister-Jahren entstanden Titel wie „Fluchtachtl“, „Xundheit und Prost“, „A Steila Tog“, „Schlecht von Gestern“, „Von Zeit zu Zeit“ und andere Klassiker. Beckermeister erspielten sich in Österreich und dem benachbarten Ausland eine akzeptable Stammhörerschaft, traten neben zahlreichen Konzerten in diversen Clubs unserer Breiten unter anderem mit Künstlern wie Kurt Ostbahn, Andy Baum, Boris Bukowski, Bilgeri, Dorretta Carter und Georg Danzer auf und spielte im Vorprogramm von den Schröders, Austria 3 und anderen namhaften Acts. Selbstverständlich zählen auch Auftritte beim Donauinselfest und diversen Stadtfesten zu den hunderten Konzerten, die die Band in den 13 Jahren spielte. Des weiteren schafften es einige Songs der Formation zu Einsätzen in unterschiedlichsten heimischen Radios. Nach 8 CD-Veröffentlichungen und einer DVD-Produktion anlässlich des zehnjährigen Jubiläums von Beckermeister entschloss sich Christian Becker im Jahr 2010, das Projekt für unbestimmte Zeit auf Eis zu legen. Mit der CD „Weiter“ und zwei Konzerten mit befreundeten Musikerkollegen im Dezember genannten Jahres läutete die Band schlussendlich die Pause ein. Aber nun ist Schluss mit der Pause, im Herbst soll die neue CD von Christian Becker (früher „Beckermeister“) erscheinen. Wir haben ihn im Vorfeld zum Interview gebeten.
X-ACT: Mit „Härter ist kein Frauenname“ bist du neue Wege gegangen. Die Kosten der Produktion sind durch Crowdfunding finanziert worden. Wie kamst du auf die Idee und wie ist es bis jetzt gelaufen?
Christian Becker: „Das Crowdfunding deckt einen Teil der Kosten ab, die diese Produktion verursacht. Mit Sponsorgeldern und Förderungen schaut es auf dem Kultursektor zur Zeit nicht rosig aus und ich denke, dass sich das nicht so bald ändern wird. Daher bin ich andere Wege gegangen, die ja bereits viele KollegInnen beschreiten. Wobei den Förderern natürlich diverse Extra-Pakete als Gegenleistungen bzw. „Dankeschön“ geboten werden. Die Anfangsphase geht etwas schleppend voran, jedoch bin ich guter Dinge für die 2. Runde des Crowdfundings ab Anfang September.“
X-ACT: Was kann man sich musikalisch vom neuen Album erwarten?
Christian Becker: „Es handelt sich hierbei um zeitgemäße Rockmusik. Ich habe mich da wieder etwas vom Liedermachertum im klassischen Sinne entfernt, wobei die Songs dennoch nur mit Papier, Füllfeder und Akustikgitarre entstanden sind. Die Arrangements hat Produzent Matthias Ullrich ins Leben gerufen. Gitarrenlastig, gespielt von einer Band und mit Dreck und Herz. Das war uns wichtig.“
X-ACT: Kannst du uns einige Lieder näher vorstellen?
Christian Becker: „Das Lied „Haus aus Erdn“ ist entstanden, nachdem ich das gleichnamige Buch von Woody Guthrie gelesen hatte. Die Suche nach Geborgenheit, Ruhe und Sicherheit sind Inhalt. Musikalisch kann man den Begriff episch in Erwägung ziehen. Bei „Schneeblind“ geht es um die Spaßgesellschaft unter 25, die sich in Technoclubs gute Laune durch die Nase ins Hirn knallt und durchtanzt. Wobei ich den Verdacht habe, dass dies in Politik, Wirtschaft, Medizin und selbstverständlich Kunst nicht anders ist. Als Gast darf man sich auf Jennifer Batten (Michael Jackson) an der Gitarre freuen. Beim Titel „Sieger“ geht es darum, das Negative hinter sich zu lassen, als Sieger aus schwierigen Situationen hervorzugehen. Hier ist Bernard Fowler (The Rolling Stones) als Gast zu hören. Zum Song „I fliag o“ hat mich zum Einen das langsame Abschiednehmen von meiner Großmutter inspiriert, zum anderen der Abschied von meinem Freund Karlheinz Hackl. Abflug, weil es gut ist so, weil man schwach wird und es anderswo besser hat. „Botox Queen“ als amüsante, spitzzüngige Nummer, beschäftigt sich mit dem Schönheitswahn, den Schönen und Reichen und der falschen Echtheit der künstlichen Körperwelt. Die gibt es bei mir in Wiens Vorstadt nur allzu oft.“
X-ACT: Wer ist auf „Härter ist kein Frauenname“ noch mit von der Partie?
Christian Becker: „Neben meiner Band bestehend aus Markus Adamer, Rue Kostron, Martin Mader, Thomas Eder und Jakob Tschulik haben u.a. Jennifer Batten und Bernard Fowler einen Beitrag geleistet und Gitarren und Stimmbänder zum Klingen gebracht. Gemischt wurde das Album von Bernie Penzias. Hauptverantwortlich für die Arrangements und die Produktion ist wie gesagt Matthias Ullrich. Gitarren und Gesang sind auf meinem Mist gewachsen.“
X-ACT: Du hast in den letzten Jahren mit vielen Größen der österreichischen Musikszene zusammengearbeitet – wer hat dich im Hinblick auf das neue Album am meisten beeinflusst?
Christian Becker: „Das ist schwer. Was Sprachgenauigkeit betrifft, mit Sicherheit Georg Danzer. Den Rock’n’Roll findet man bei Ostbahn und Brödl am ehesten in unseren Breiten. Vom Sound her muss ich jedoch zugeben, mich anderenorts orientiert zu haben. Ich habe jedoch versucht, mich von Einflüssen zu distanzieren, daher habe ich die rohen Songideen auch in andere Hände gelegt um nicht auf der Stelle bzw. auf ausgehatschten Pfaden herumzutrampeln.“
X-ACT: Du hast in den letzten Jahren so viele Projekte auf die Beine gestellt, blieb da noch Zeit zum Schreiben neuer Lieder?
Christian Becker: „Wenig aber doch. Die 10 Songs auf dem Album sind nur ein Teil, des in den letzten Monaten entstandenen Materials. Ich arbeite oft monatelang nicht an Liedern und dann kommt eine Zeit lang jeden Tag eine Idee.“
X-ACT: Als was siehst du dich am liebsten? …als Musiker, Songwriter, Wirt, Moderator bei Beckersgast.tv oder Veranstalter von Konzerten?
Christian Becker: „Ich bin Musiker und Liederschreiber. Der Wirt ist mit über die Musik passiert, der Veranstalter ebenso. Deswegen haben diese Tätigkeiten auch immer eng miteinander zu tun. Moderator bin ich kein guter. Ich kann und will nicht von Kärtchen ablesen sonder bin spontan und intelligent genug, aus der Situation heraus zu agieren. Die Musik und die Bühnenmitte sind eindeutig mein Zuhause.“
X-ACT: Hast du auch vor, das neue Album deinen Fans live vorzustellen? Wenn ja, wird es auch Konzerte in Westösterreich geben?
Christian Becker: „Natürlich soll „Härter“ live präsentiert werden. Allerdings wird dies eher im Frühjahr 2016 der Fall sein. Erste Termine in Wien, Wels und in Bayern gibt es bereits, an der weiteren Planung wird dann im Herbst gearbeitet. Ich freue mich aber über jede Einladung!“
X-ACT: Wie siehst du die Zukunft der österreichischen Musikszene in Anbetracht von Streamingdiensten, Downloads und Megafestivals? Haben da Veranstalter von kleinen Konzerten und heimische Musiker überhaupt noch eine Chance?
Christian Becker: „Ja. Man muss im Kleinen beginnen und auch die größeren lieben es, in kleine, intime Clubs zurückzukehren wenn es die Zeit erlaubt. Ich glaube, dass das Geschäft nur noch über die Liveschiene funktionieren kann. Streamen bringt geringe Einnahmen ein. Auch die größeren Acts leben von Konzerten und Merchandising. Die Bühne ist die Zukunft. Dort lernt man auch am Besten authentisch zu sein und über längere Zeit Qualität an den Tag zu legen. Es geht zurück in die Vergangenheit. Die Beatles und Stones, The Who und wie sie alle heissen haben auch live gespielt so oft es ging und sind dann explodiert. Die kleinen Clubs gehören allerdings viel mehr gefördert und das junge Publikum muss wieder auf den Geschmack kommen und kapieren, welche Energie fliesst wenn eine Band alles gibt und die Musik nicht vom USB Stick kommt und der DJ für 20.000.- Euro nicht einmal eine Schallplatte angreift.“
Interview by MICHAEL STECHER
Weblinks: Official Homepage, facebook, beckersgast.tv, Beckermeister, Local Live Bar
CD-Release Party: Freitag, 23. Oktober 2015, Beginn: 19:30 Uhr, Ottakringer Brauerei, Ottakringer Platz 1, 1160 Wien, Tickets: Ö-Ticket, Info: Eventpage