Billy Sherwood ist ein amerikanischer Multiinstrumentalist, Sänger, Composer, Arranger und was weiss ich was noch. Und er hat eine ganz besondere Beziehung zur Band YES.
Billy war immer einer der besten Freunde von Yes-Bassist Chris Squire, immerhin hatten sie das Projekt Squire/Sherwood zusammen. Also genau genommen spielte Billy Sherwood mit Squire zuerst zusammen in der Band The Chris Squire Experiment (1991), 1994 holte Squire seinen Freund dann zu Yes als Tour-Musiker, 1996 produzierte Sherwood die beiden Yes-Alben „Keys To Ascension“ und „Keys To Ascension 2“, ehe er von 1997 bis 2000 festes Yes-Bandmitglied wurde. Als Squire mit Sherwood endlich das erste gemeinsame Album in Arbeit hatten, welches „Chemistry“ hätte heissen sollen, wollte die Plattenfirma aber erstmal ein neues Yes-Album und so holten sie die restlichen Bandmitglieder von Yes zusammen, nahmen dafür die fast fertigen Songs her und das Resultat war das Album „Open Your Eyes“ (1997).
Im Jahr 2000 erschien endlich das erste gemeinsame Album unter dem Titel „Conspiracy“. 2003 erschien das zweite Album „The Unknown“ und 2004 planten sie mit ihrem neuen Projekt eine Tour, die jedoch abgesagt wurde. Stattdessen erschien die DVD „Conspiracy Live“ (2006). Als Chris Squire wieder von den USA zurück nach London übersiedelte, zerbrach zwar das Bandprojekt, aber ihre Freundschaft blieb ungebrochen erhalten.
Als Chris Squire am 27. Juni 2015 in Phoenix, Arizona, im Alter von nur 67 Jahren an Leukämie starb, mussten Yes eine Entscheidung fällen: geht es weiter? Wie und mit wem? Wer soll den charismatischen Chris Squire und seinen aussergewöhnlichen Bass-Stil auch nur annähernd ersetzen können? Und sie mussten sich schnell entscheiden, denn Anfang August 2015 sollte eine Double-Headliner-Tour durch die USA mit Toto starten… Und Yes zauberten einmal mehr Billy Sherwood aus dem Hut! X-ACT stellte ihm diesbezüglich gleich mal ein paar Fragen…
X-ACT: Zu Yes hast du ja offensichtlich eine ganz eigene Beziehung…
Billy Sherwood: „Das kann man wohl so sagen, denn als Jugendlicher war ich ein Riesen-Fan der Band, ich gründete meine Band World Trade ja aus dem Grunde und anfangs spielten wir Yes-Cover-Versionen, ehe wir eigene Prog-Rock-Songs schrieben und Alben veröffentlichten. Dann lernte ich Chris kennen und wir nahmen gemeinsam ein paar Alben auf, später holte mich Chris in die Band und dann produzierte ich ein paar Alben für sie. Dann tourte ich ja auch ein paar Jahre mit ihnen als Bandmitglied…“
X-ACT: Du spieltest bei Yes schon mal Keyboards, dann auf einer anderen Tour Gitarre, dann warst du Producer und Songschreiber für die Band und jetzt bist du ihr neuer Bassist. Wie kam das?
Billy: „Naja, ich war ja immer mit Chris in Kontakt und als er sich für eine Therapie entschied, um seine Leukämie zu besiegen, war schnell mal klar, dass er die bevorstehende Tour nicht spielen konnte und so bat er mich, schon mal die Songs zu lernen und ihn auf der Tour zu ersetzen. Also ich wusste ja schon Monate vorher bescheid, aber es wurde vorerst noch geheim gehalten, dass ich für Chris am Bass einspringen sollte. Dann aber verstarb Chris und die Band kam zusammen und da ich ja mittlerweile die Songs spielen konnte und es auch in Chris‘ Sinne war, die Band fortzuführen, war ich plötzlich der fixe neue Bassist und als Yes-Family-Member ja auch für die Fans kein unbekanntes Gesicht mehr!“
X-ACT: Spielst du seinen legendären Rickenbacker-Bass auf der Bühne live? Oder eine Kopie davon, denn der Bass ist ja regulär als Signature-Modell erhältlich…
Billy: „Nein! Sein Original-Bass ist ein Heiligtum, den ich nur bei einer Gedenkfeier spielte. Dieser Bass ist ja ein Teil der Musikgeschichte und wird eventuell in einem Museum ausgestellt, – aber das wird die Familie entscheiden. Ich spiele zwei Spector-Bässe, die ähnlich wie der Rickenbacker klingen, mir aber besser in der Hand liegen. Und ich kann ja Chris nicht wirklich ersetzen und will auch nicht mit einer Kopie so tun als ob. Ich bin der neue Bassist und versuche, so gut als möglich den typischen Sound hinzukriegen!“
X-ACT: Welche Bässe von Spector sind das genau?
Billy: „Also, mein Haupt-Bass ist ein Custom-Bass des Modells Spector 4 mit kleinen Modifikationen. Aktive Tonabnehmer und jede Menge technischer Schnickschnack, um sehr gute Sounds rauszubekommen. Der Hals ist etwas schmäler als bei den Standard-Modellen, aber dafür ein bisschen dicker. Für mich optimal! Dann spiele ich bei einigen Songs einen älteren, speziell für mich gebauten Spector 8-String-Bass, den sogar Chris Squire für Studioaufnahmen ausborgte. Er spielte diesen Bass beim Song „Fortune Teller“ auf dem Album „Open Your Eyes“. Also Chris hatte diesen Bass schon in seinen begnadeten Händen und das macht ihn zusätzlich zu was besonderem! Noch dazu ist es der einzige 8-Saiter den Spector jemals bauten!“
X-ACT: Verwendest du Effekte? Und welche Saiten spielst du?
Billy: „Also Effekte verwende ich in etwa die gleichen wie Chris, einen Oktaver, eine Phaser, ein Digital Delay und eher seltener einen Flanger. Saiten spiele ich auf allen Bässen natürlich nur die von Rotosound! Diese Saiten sind ja ein nicht zu unterschätzender Teil vom typischen Gesamtsound und daher ein unbedingtes Muss!“
X-ACT: Wer spielt in der aktuellen Besetzung der laufenden Tour?
Billy: „Also da wäre der neue Sänger Jon Davison, Gitarrist Steve Howe, Drummer Alan White, dann noch Geoff Downes an den Keyboards und meine Wenigkeit am Bass.“
X-ACT: Am 7. August 2015 standest du zum ersten mal als neuer Yes-Bassist auf der Bühne. Wie war das für dich?
Billy: „Schon irgendwie eigenartig, ich stand ja schon hunderte Male mit Yes auf der Bühne und meistens stand Chris neben mir, doch diesmal fehlte er und ich spielte seine Parts. War irgendwie schon sehr eigenartig, – echt! Aber die anderen Jungs in der Band bestärkten mich und ich weiss ja auch von Chris selbst, dass er das so gewollt hatte. Die positiven Reaktionen der Fans brachen dann endgültig das Eis und jetzt bin ich eben der neue Bassist!“
Yes sind gemeinsam mit Toto auf grosser USA-Tour, werden dabei 26 Konzerte spielen, und im nächsten Jahr werden sie wieder nach Europa kommen und darauf darf man sich getrost freuen! The legend lives on!
Interview & Story by TOM PROLL